Bundesrat Stenographisches Protokoll 679. Sitzung / Seite 259

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Nächster Negativpunkt: der mangelnde Kündigungsschutz. Die Verlängerung der Kinderpause ohne eine entsprechende Adaptierung der arbeitsrechtlichen Absicherung führt zwangsläufig zu mehr Schwierigkeiten, wieder Anschluss an den Beruf zu finden. Das Kindergeld ist für uns eine Einbahnstraße. An Maßnahmen zum Wiedereinstieg wurde nicht gedacht, sie sind nicht vorhanden und auch nicht geplant.

Dieses neue Kinderbetreuungsgeld bedeutet aber auch zwangsläufig das Ende der Väterkarenz. Vor allem durch die Einführung dieser Zuverdienstgrenze und die Änderungen beim Kündigungsschutz wird der Vater nach zweieinhalb oder drei Jahren die sechs Monate nicht in Anspruch nehmen. Glauben Sie, dass ein Vater ohne Kündigungsschutz dieses halbe Jahr Karenzzeit in Anspruch nehmen wird? Wer kann sich auf solch ein Risiko einlassen? (Bundesrat Dr. Böhm: Stimmt so nicht!)

Darum sage ich: Durch die Zuverdienstgrenze und die Änderungen beim Kündigungsschutz wird es Vätern künftig erschwert, sich Zeit für ihre Kinder zu nehmen. Im Niedriglohnbereich wird zwar eventuell die Anzahl der Männer, die diese Leistung beziehen, steigen, aber sicher nicht aus dem einzigen Grund beim Kind zu Hause zu bleiben, sondern deshalb, weil sie im Beruf, im Niedriglohnbereich, auch nicht viel mehr verdient haben.

Schon jetzt sind nur 2 Prozent der Väter in Karenz gegangen. Auch in Zukunft werden sie keine Chance erhalten, in den ersten Lebensjahren intensiv an der Entwicklung ihres Kindes teilzunehmen. Das würde nämlich nur ein einkommensabhängiges Karenzgeld ermöglichen, das wir Sozialdemokratinnen schon immer gefordert haben und das auch vor einigen Jahren eine große Forderung im Frauenvolksbegehren war. (Bundesrat Dr. Böhm: Sie sagen doch, jedes Kind ist Ihnen gleich viel wert!)

Das Karenzgeld ist kein Kindergeld. (Bundesrat Dr. Böhm: Selbstverständlich, aber selbstverständlich!) – Das Karenzgeld ist Geld für eine Karenzierung, also für eine Zeit, in der man nicht arbeitet. Herr Professor Böhm! Das brauche ich Ihnen nicht zu erklären. (Bundesrat Dr. Böhm: Nein, es ist kein Karenzgeld!) Aber selbst bei führenden ÖVP-Politikern führte dieses neue Kinderbetreuungsgeld zu negativen Wortmeldungen. Ich habe mich sehr gewundert, dass unter anderem Finanzlandesrat Paierl aus der Steiermark meinte: Wer glaubt, dass mit dem Kindergeld wieder mehr Kinder in Österreich geboren werden, ist auf dem Holzweg. – So sagt man in der Steiermark. Ich bin ausnahmsweise ganz seiner Meinung.

Meine Damen und Herren! Eine höhere Geburtenrate haben nämlich gerade jene Länder zu verzeichnen, die die Vereinbarkeit von Beruf und Familie durch eine flächendeckende Kinderbetreuung gewährleisten. Die Kindergarten-Milliarde wurde auch nicht mehr verlängert, die wir eingeführt haben, um den Ländern zu helfen, mehr Kinderbetreuungseinrichtungen zu errichten. Das ist Sache der Länder, das weiß ich, Herr Bundesminister, aber damit seitens des Bundes mehr Druck gemacht werden kann, haben wir den Ländern und Gemeinden diese Kindergarten-Milliarde beziehungsweise zweimal 600 Millionen Schilling dafür gewährt. Nachdem diese flächendeckende Kinderbetreuung nicht so gewährleistet werden kann, ist auch mit einer höheren Geburtenrate nicht zu rechnen. Nur dort, wo es diese flächendeckende Kinderbetreuung gibt, nämlich in den nordischen Ländern wie zum Beispiel in Schweden und Dänemark, gibt es eine höhere Geburtenrate. (Zwischenruf der Bundesrätin Dr. Kanovsky-Wintermann. ) – Ich weiß, ich denke mir, in Deutsch Griffen ist die Geburtenrate auf das Doppelte gestiegen. (Bundesrat Kraml: Deutsch Griffen ist in Österreich!)

Ich möchte noch auf andere Ungerechtigkeiten hinweisen, Herr Bundesminister! Ohne dass ich den Bäuerinnen dieses Kinderbetreuungsgeld neidisch bin, muss ich sagen, dass es auch da Ungerechtigkeiten gibt. Bäuerinnen bekommen das Kinderbetreuungsgeld neben der Betriebshilfe. Selbständige bekommen die Teilzeitbeihilfe zugleich mit dem Kinderbetreuungsgeld. Unselbständig Beschäftigte bekommen das Kinderbetreuungsgeld nach dem Wochengeld, für das auch eingezahlt worden ist – das möchte ich nur dazu sagen. Das ist eine Ungerechtigkeit, die ich nicht nachvollziehen kann.


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