Bundesrat Stenographisches Protokoll 681. Sitzung / Seite 70

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Es findet gerade eine Debatte zur Jugendbeschäftigung statt, die Sie alle betrifft – das ist Ihre Zukunft –, aber vor allem geht es hier um die Lehrlingsausbildung und die Lehrlings... (Bundesrat Winter: Das steht aber dem Präsidenten zu und nicht der Staatssekretärin! Wir haben einen Präsidenten!)

Zurzeit bin ich am Wort, und der Herr Präsident ist so höflich und unterbricht mich nicht, aber er wird die Gäste hier sicher auch noch begrüßen. (Bundesrat Winter: Wir wollten Sie nur daran erinnern, dass wir einen Präsidenten haben! – Heiterkeit bei Bundesräten der SPÖ.)

Ich möchte darauf hinweisen, dass das duale Ausbildungssystem in Österreich wirklich vorbildlich ist. Das ist einzigartig. Es ist unser Gesamtanliegen, und es muss uns allen ein Anliegen sein, an diesem Ausbildungssystem festzuhalten, aber es darf nicht sein, dass es erstarrt und wir das Ausbildungssystem gerade bei Lehrberufen nicht weiterentwickeln.

Was meine ich damit? – Was die Lehrlingszahlen betrifft, so zeigen die Zahlen in Salzburg – ich muss Herrn Kollegen Haigermoser Recht geben – ganz deutlich, dass es gleich viele offene Stellen (Rufe bei der SPÖ: Gruber! Gruber!) wie Lehrstellensuchende gibt. Das ist leider nicht in ganz Österreich so, aber es bestehen auch große Unterschiede innerhalb der Lehrberufe.

Wir haben Lehrberufe, in denen es viel mehr Lehrstellensuchende, viel mehr Jugendliche, die diesen Lehrberuf ergreifen wollen, gibt, und keine oder viel zu wenige Ausbildungsstätten. Ich war selbst davon betroffen: Es ist heute bereits das Stichwort Steiermark gefallen. Ich habe dort zwei Jahre lang für einen jungen Menschen einen EDV-Techniker-Lehrplatz gesucht. Es war in der Steiermark nicht möglich, einen solchen zu finden. (Bundesrat Winter: Bei der Politik, die Sie betreiben, ist das ja kein Wunder!) Ich habe alles unternommen, was möglich war. In Kärnten habe ich dann einen Ausbildungsplatz gefunden. Der junge Mann lernt jetzt in Kärnten.

Wir haben aber auch Lehrberufe, in denen es viel mehr offene Lehrstellen, das heißt Betriebe, die gerne Lehrlinge aufnehmen möchten, gibt, und wir finden die Lehrlinge dazu nicht. Das betrifft allen voran zwei Berufe: einerseits die Friseurlehre, andererseits aber auch den Tourismusbereich. Im Tourismus ist die Zahl so eklatant, dass wir zurzeit weit über 1 000 offene Lehrstellen haben, aber nur knapp 300 Lehrlinge, die bereit sind, diesen Beruf zu ergreifen. (Bundesrat Manfred Gruber: Dann muss man eben die Voraussetzungen verbessern ...! – Bundesrat Winter: Fahren Sie einmal ins Waldviertel!)

Hier besteht Handlungsbedarf – da gebe ich Ihnen völlig Recht –, erstens einmal im Bereich der Bewusstseinsbildung hinsichtlich dessen, was es heißt, heute einen jungen Menschen auszubilden. Ich habe selbst über viele Jahre hinweg Lehrlinge ausgebildet. Man ist in dieser Funktion sozusagen gleichzeitig auch Vater, Mutter, Elternersatz, man ist teilweise quasi Kummerstelle für alles, was Jugendliche bewegt. Das muss man meiner Ansicht nach auch sein, und ich verurteile alle Unternehmer – das möchte ich auch an dieser Stelle sagen –, die in der Ausbildung eines jungen Menschen eine Möglichkeit sehen, daran zu verdienen.

Das darf nicht sein, sondern das kann höchstens eine Investition in die Zukunft sein. Es muss eine Gesamtinvestition sein: eine Investition in die nationale Volkswirtschaft insofern, als man sagt, wir bilden unsere eigenen Fachkräfte in unserem Land selbst aus. Das ist der Punkt! Wenn wir genügend eigene gut ausgebildete Fachkräfte haben, dann fällt auch der Ruf nach ausländischen Fachkräften weg.

Hier gab es – das muss ich ganz dezidiert sagen – in den letzten Jahren Versäumnisse, allein schon in den neuen Berufen. Man hat es einfach verabsäumt, rechtzeitig zu reagieren, um junge Menschen an neue Berufe heranzuführen. Wir arbeiten aber jetzt massiv daran, in verschiedensten Bereichen neue Berufsbilder zu entwickeln und vor allem – dies darf ich in meiner Funktion als Staatssekretärin für Tourismus hervorheben – auch daran, moderne Tourismuslehrberufe zu erarbeiten.

Einer davon ist ganz konkret der Wellness-Lehrberuf. Österreich erlebt einen Boom im Gesundheitstourismus, und es gibt diesen Lehrberuf noch nicht. Da besteht also Handlungsbedarf. Wir


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