Bundesrat Stenographisches Protokoll 681. Sitzung / Seite 117

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(Ruf bei der SPÖ: Was sonst?) gerade im Hinblick auf die so genannte Neutralität reden, so kann ich mich über Sie nur wundern. Wie war das denn unter dem von Ihnen gestellten Bundeskanzler Klima? – Hausintern hat er stets die Beibehaltung der Neutralität beschworen. Ganz anders hat er hingegen im erlauchten Kreise seiner EU-Kollegen in Brüssel agiert. (Bundesrat Winter: Das stimmt ja nicht, Herr Professor! Bleiben Sie bei der Wahrheit! – Bundesrat Gasteiger: Beweise? Beweise?)

Dort hat er so ziemlich jeder Weiterentwicklung der gemeinsamen europäischen Außen- und Sicherheitspolitik zugestimmt – auch solchen Rechtsakten, die mit dem Status der Neutralität damals bereits völlig unvereinbar waren. Klima hat sich ja nicht einmal der Militäraktion der NATO gegen die Serbische Republik im Kosovo-Konflikt versagt. Er hat ihr im Rahmen der Europäischen Union ausdrücklich zugestimmt.

Auch heute hat die SPÖ – ich übe keine Kritik daran, wie ich betone – keine Bedenken gegen die Genehmigung von Überflügen der Flugzeuge der USA und ihrer Verbündeten, die am Kampfeinsatz in Afghanistan beteiligt sind. Beenden Sie daher endlich das unwürdige Schauspiel rund um die Neutralität Österreichs, eine unserer letzten politischen Lebenslügen! (Beifall bei Bundesräten der Freiheitlichen und der ÖVP. – Bundesrat Gasteiger: Jö! – Weitere "Jö!"-Rufe bei der SPÖ. – Bundesrat Gasteiger: Das war jetzt ein Fettnäpfchen!)

Um nicht missverstanden zu werden: Der Beschluss des Neutralitätsgesetzes im Jahr 1955 war notwendig und höchst sinnvoll. Eine Errungenschaft, als die sie oft dargestellt wurde, war die Neutralität freilich nicht. (Bundesrat Gasteiger: Ach so?) Sie war bekanntlich im Moskauer Memorandum unsere Vorleistung an die Sowjetunion, um deren Zustimmung zum Staatsvertrag und damit zur Wiedererlangung unserer Freiheit zu erreichen. (Bundesrat Manfred Gruber: Das ist ja immerhin etwas!) Der international anerkannte Staats- und Völkerrechtler Professor Ermacora hat daher in einer frühen Publikation von einer Österreich aufoktroyierten Neutralität gesprochen.

Meine Damen und Herren von der SPÖ! Sie sollten sich auch daran erinnern, dass es Vizekanzler Schärf war – er ist Ihnen wohl bekannt –, der sich lange Zeit dagegen sträubte, den Neutralitätsstatus für Österreich zu akzeptieren. Historisch betrachtet war es allein das Interesse der Sowjetunion, einen Keil zwischen die westlichen NATO-Länder Deutschland und Italien zu treiben. In weiterer Folge hat Österreich seine Verpflichtungen zur bewaffneten Neutralität zumindest in Hinblick auf seine Verteidigungsanstrengungen niemals ausreichend erfüllt. Sie wäre auch nachweislich von den beiden großen Militärblöcken im Ernstfall missachtet worden. Das steht ja heute fest. Und die so viel beklagte NATO war immerhin de facto indirekt auch unsere Sicherheit.

Im Gegensatz zur Schweiz, die ihre Neutralität – und zwar bewaffnete Neutralität – stets ernst genommen hat und deren Neutralitätskonzept uns ursprünglich ja als Vorbild diente, sind wir frühzeitig den Vereinten Nationen beigetreten – und das ohne jeden Neutralitätsvorbehalt. Unser Beitritt erfolgte im Bewusstsein dessen, dass der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen im Konfliktfall jedes Mitglied zu wirtschaftlichen und militärischen Sanktionen verpflichten kann.

Jahre später ist Österreich bekanntlich der Europäischen Union beigetreten, und zwar erneut ohne Neutralitätsvorbehalt. Auch hier ist die Bevölkerung belogen worden, indem gesagt wurde, wir gehen als neutrales Land in die EU. – Ja, aber wir sind nicht als solches herausgekommen! (Heiterkeit des Bundesrates Mag. Gudenus. ) Andernfalls wären wir ja gar nicht aufgenommen worden, weil schon damals – was man dem Volk allerdings verschwiegen hatte – die politischen Weichen für die geplante gemeinsame europäische Außen- und Sicherheitspolitik gestellt waren.

Tatsächlich entwickelte sich die europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik in weiterer Folge dynamisch fort. Österreich hat insbesondere auch die Beschlüsse über die Petersberg-Aktionen übernommen – und das, meine Damen und Herren von der SPÖ, unter Kanzler Klima, also unter einer von Ihrer Partei geführten Regierung! Das waren nicht wir. Diese Petersberg-Aktionen ermächtigen bekanntlich – das hat Herr Kollege Schennach heute dankenswerterwei


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