Bundesrat Stenographisches Protokoll 682. Sitzung / Seite 77

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Kosten kaum hereinbringbar sind und dass das möglicherweise in vielen Dörfern auch keine Lösung sein wird. Man muss da sehr genau hinschauen. Aber der Skandal, der sich hinter dieser Politik verbirgt, ist, dass immer noch keine Grundlagen vorliegen. Man hat es jahrelang versäumt, Pilotprojekte zu machen. Man hat die Geschichte nie probiert. Man hat zehn Jahre Internet verschlafen. (Bundesrat Ing. Franz Gruber: Jetzt sagst nichts mehr, Kollege Gasteiger!) Kollege Gasteiger! Einer deiner Zillertaler Bürgermeister-Kollegen hat eine Privatpension zu Hause. Der hat früher jeden Tag stapelweise Post zum Postamt gebracht: Briefe, Gästeanfragen und alles Mögliche. Heute hat er zwei Briefe oder ein Paket. Das ist weg. Zehn Jahre Internet sind ins Land gezogen, und wir tun so, als ob es das nicht gäbe, und wir jedes Postamt erhalten müssten.

Da kann die SPÖ nicht so tun, als wäre ausschließlich die jetzige Bundesregierung schuld. (Bundesrat Gasteiger: 13 Jahre lang war die ÖVP Koalitionspartner! Da gab es einstimmige Ministerratsbeschlüsse!) Die Versäumnisse im Postbereich liegen ausschließlich in der Hand damaliger sozialdemokratischer Minister. (Bundesrat Gasteiger: Super! Waren Sie nicht auch in der Regierung? Es gab einstimmige Regierungsbeschlüsse, Herr Kollege Keuschnigg!) Heute haben wir nichts vorliegen. (Bundesrat Winter: Ihr wart ja nie dabei!) Bei den Postministern gab es beachtliche Kaliber: Caspar Einem, Lacina und Scholten. (Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.) Aber noch interessanter ist – und das weist auch auf die Versäumnisse hin, die hier getätigt wurden –, dass die Generaldirektoren seit 1979 ausschließlich Ministersekretäre der damaligen SPÖ-Minister waren. Das reicht von Dr. Übleis über Dr. Sindelka bis zum jetzigen amtierenden Postgeneral Dr. Wais. Ich möchte Ihnen nichts unterstellen (Bundesrat Winter: Einen Ditz hat es nie gegeben!), aber es ist nichts vorbereitet (Bundesrat Winter: Aber den haben Sie auch abgezogen!), um dem Strukturwandel, der global stattfindet und dem wir uns nicht entziehen können, begegnen zu können. Es ist null Vorbereitungstätigkeit gelaufen, sodass wir jetzt einen Strukturbruch erleiden, der dadurch bedingt ist, dass in der Vergangenheit Versäumnisse vorliegen.

Natürlich haben wir im ländlichen Raum die Notwendigkeit, gegenzusteuern. Wir verlieren im ländlichen Raum Wirtschaftskraft, nicht überall gleich, aber in sehr vielen Gebieten. Wir verlieren Gasthäuser, wir verlieren Nahversorger (Bundesrat Gasteiger: Da muss man gegensteuern! – Beifall des Bundesrates Winter )  – warten Sie nur, das kommt schon noch, nur nicht vorzeitig freuen –, wir verlieren öffentlichen Verkehr, wir verlieren Tankstellen. Es geht nicht nur darum, dass da ein Postamt erhalten wird. Die Zeit läuft derzeit gegen den ländlichen Raum, weil er dünner besiedelt ist und weil Wirtschaftskraft abhanden kommt. (Bundesrat Gasteiger: Da muss man eben gegensteuern!) Jetzt muss man gegensteuern, jetzt sind wir gleich dabei. (Bundesrat Winter: Aber nicht zusperren, zusperren, zusperren!)

Natürlich braucht der ländliche Raum Solidarität, aber er braucht die richtige, er braucht nicht die falsche, mit der falschen ist ihm nicht geholfen. (Bundesrat Gasteiger: Was ist die richtige Solidarität?) Mit Staatsstrukturen, die überholt sind und die nicht in die Zukunft getragen werden können, geht es nicht. (Bundesrat Gasteiger: Wie ist die richtige Solidarität? Wie ist die richtige?)

Beim Finanzausgleich wird die Nagelprobe für die SPÖ kommen, und ich möchte Sie einladen, diesem Gedankengang noch zu folgen. Ich bin der Meinung, dass die Entwicklung im ländlichen Raum über die Gemeinden führen muss. Die Gemeinden sind erstens demokratisch legitimiert, gewählt, sie sind am nächsten beim Bürger. (Bundesrat Winter: Und sie haben kein Geld!) Sie sind am engsten und nächsten beim Bürger, sie wissen, was wirklich gebraucht und in welcher Qualität es gebraucht wird. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir brauchen – um ein Beispiel des öffentlichen Nahverkehrs zu erwähnen – keine leeren Postbusse, die in irgendein Seitental fahren, wir brauchen aber öffentlichen Verkehr. Wir müssen neue Modelle finden, die nicht auf der einen Seite Geldverschleuderung mit sich bringen, die aber das Service für den Bürger aufrechterhalten. (Zwischenruf des Bundesrates Gasteiger. )

Beim letzten Finanzausgleich war die SPÖ gegen die ländlichen Gemeinden. Da hat Bürgermeister Häupl den Krieg ausgerufen, wenn die Ballungsgebiete eine solidarische Last zur Ent


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