Bundesrat Stenographisches Protokoll 684. Sitzung / Seite 26

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Zeichen für positive Veränderungen in dieser Republik sehe. (Beifall bei Bundesräten aller Fraktionen.)

Die Frau Präsidentin wird es mir sicherlich verzeihen, wenn ich zu diesem Diskriminierungsverbot in der österreichischen Bundesverfassung noch ein paar anders geartete Worte sagen möchte – nein: sagen muss!  –, und der Herr Landeshauptmann wird es mir verzeihen, wenn ich diese Worte nicht an ihn, sondern an einen anderen österreichischen Landeshauptmann richte. (Vizepräsidentin Haselbach übernimmt den Vorsitz.)

An jenem unsäglichen Aschermittwoch, an dem sich ein Landeshauptmann angesichts des Namens Adamovich zu fragen müssen meinte, ob jemand mit diesem Namen eigentlich eine gültige Aufenthaltsgenehmigung habe, ist eine Grenze überschritten worden, an der es Widerstand zu leisten gilt. (Beifall bei der SPÖ, bei Bundesräten der ÖVP und des Bundesrates Schennach. )

Denn wenn einer, der – leider nicht ohne Erfolg – sich seit Jahren darum bemüht, einen Keil zwischen die Bürgerinnen und Bürger dieser Republik und jene, die, ohne Bürger zu sein, mit uns leben und arbeiten, zu treiben, jetzt beginnt, nach der "Aufenthaltsgenehmigung" jener zu fragen, deren Namen "undeutsch" klingen, dann stehen uns allen zwei Möglichkeiten offen: Entweder wir beginnen wieder nach jenen alten Dokumenten zu suchen, die uns die "richtigen" Großeltern bescheinigen, oder aber wir leisten Widerstand und verteidigen jene Werte, die die demokratische Republik ausmachen. (Beifall bei der SPÖ sowie Beifall der Bundesräte Schöls und Schennach. )

Mein Name ist, wenn man ihn richtig ausspricht, Konecny – ein Name unleugbar tschechischer Herkunft. Ich bin im Besitz jener offenbar derzeit noch unbeschränkten Aufenthaltsgenehmigung, die man gemeinhin Staatsbürgerschaft nennt. Dieser Name ist ein Stück meiner persönlichen Identität (Bundesrat Dr. Böhm: Na selbstverständlich!) und ist ein Stück meiner Familiengeschichte. Ich habe nicht die geringste Absicht, ihn gegen einen anderen Namen – vielleicht Ostenberger – einzutauschen. (Beifall bei der SPÖ. – Bundesrat Dr. Böhm : Wer verlangt das?)

Mein Name hindert mich nicht daran, mich aus tiefer Überzeugung und mit großer Begeisterung als Österreicher zu fühlen. (Vizepräsidentin Haselbach übernimmt den Vorsitz.)

In diesem Land leben Hunderttausende, wahrscheinlich weit über eine Million Menschen, deren Namen – gleich dem meinen – nicht deutscher Herkunft sind. Ob diese Menschen Pouilly oder Dantine, Gabrielli oder Pallavicini, Kolin oder Broukal, Kovacs oder Stancics, Adamovich oder Stoisits, Muzicant oder Fürnberg, Aburumieh oder Al Rawi, Yilmaz oder Gürsel, Nkomo oder Watson heißen, ist egal, sie sind im gleichen Maße und mit gleichem Recht Österreicher wie jeder Herr Weiss oder Herr Müller. (Beifall bei der SPÖ, bei Bundesräten der ÖVP und des Bundesrates Schennach. ) Ob ihre Vorfahren seit urdenklichen Zeiten in Österreich lebten, ob ihre Vorfahren vor 200 oder 100 Jahren oder ob sie selbst vor 20 Jahren nach Österreich kamen, spielt dabei ebenso wenig eine Rolle wie die Frage, ob sie eingeborene Bauern in Unterkärnten waren, ob sie als Aristokraten aus irgendeinem Winkel der Monarchie oder als hungernde Arbeitssuchende in die Hauptstadt kamen.

Mit jedem dieser Namen, die ich genannt habe, verbinde ich das Bild eines konkreten Menschen, den ich kenne. Ich habe keinen Auftrag und kein Mandat dieser Menschen, das zu sagen, was ich hier sage, aber es ist meine Überzeugung, dass das tiefe Bekenntnis zu unserem gemeinsamen Heimatland von ihnen geteilt wird, und diese Überzeugung gründet sich auf konkretes Wissen.

Es spielt auch keine Rolle, ob sich diese Menschen als Angehörige einer der Minderheiten, die es in Österreich gibt, fühlen, ob sie die Sprache ihres Herkunftslandes sprechen, ob sie sich diesem Land verbunden fühlen oder ob deren Name ein purer Zufall der Genealogie ist. Sie sind Österreicher wie die Träger anderer Namen und anderer Schicksale.


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