Bundesrat Stenographisches Protokoll 684. Sitzung / Seite 85

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Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.

Dringliche Anfrage

der Bundesräte Professor Albrecht Konecny, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend Schädigung des österreichischen Ansehens im Ausland durch die Irak-Reise Haiders zu Saddam Hussein (1903/J-BR/02)

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Wir gelangen nunmehr zur Verhandlung über die dringliche Anfrage der Bundesräte Professor Konecny, Kolleginnen und Kollegen an die Frau Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten.

Da diese inzwischen allen Bundesräten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch die Schriftführung.

Ich erteile Herrn Bundesrat Professor Konecny als erstem Anfragesteller zur Begründung der Anfrage das Wort. – Bitte.

16.01

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Ich gebe eines zu: Die einzige Frage, Frau Bundesministerin, die Ihnen wirklich zu stellen wäre, kann nach unserer Geschäftsordnung nicht gestellt werden. Die Auskunft über Ihre Gefühlslage nach der Mitteilung des Besuches des Herrn Landeshauptmannes Haider in Bagdad ist mit Sicherheit kein Gegenstand der Vollziehung. Ich kann mir die Gefühlslage aber annähernd vorstellen.

Es ist nicht leicht – und das attestiere ich Ihnen gern –, für dieses Land Außenpolitik zu machen, wenn man diesen würgenden Rucksack umgehängt bekommt. Herr Landeshauptmann Haider ist kein Objekt unseres Fragerechtes. Auch wenn wir Fragen zum Umgang des Ressorts mit diesem Ereignis stellen, so sollen Sie wissen – und das möchte ich ausdrücklich betonen –, dass es in unserem Interesse liegt, den internationalen Schaden, der hier zugefügt wurde, gemeinsam, gerne auch gemeinsam mit Ihnen, wieder gutzumachen – das ist ein bisschen viel verlangt – oder zumindest zu mildern.

Meine Damen und Herren! Was hier Gegenstand der Auseinandersetzung, der Anfrage und der nachfolgenden Debatte ist, ist ein Vorgang, der in der österreichischen Politik nicht so oft vorkommt, um nicht zu sagen: der beispiellos ist. Er ist nicht nur deshalb so besonders beispiellos, weil ein prominenter österreichischer Politiker das dringende Bedürfnis hat, einem der unangenehmsten Diktatoren der Jetztzeit seine Sympathie zu versichern und ihm die Grüße des österreichischen Volkes zu überbringen – also meine waren es nicht! (Rufe bei der SPÖ: Meine auch nicht!)  –, und all das auf dem Rücken unseres Landes; dieser Vorgang ist vor allem auch deshalb so wirklich einzigartig, weil hier eine politische Sympathiekundgebung in einer beispiellosen Begriffsverwirrung hinter Humanität versteckt werden soll, weil hier in einer Mischung aus Halbwahrheiten und ganzen Unwahrheiten ein Eindruck erweckt werden soll, der sich nicht mit den Tatsachen deckt.

In Lewis Carroll’s "Alice in Wonderland" kommt eine nicht sehr sympathische Figur vor, die der Autor – und das, ohne Kabas gekannt zu haben! – "Humpty Dumpty" genannt hat. Diese Figur wandert mit Alice durch das Wunderland. An einer Stelle sagt er: "Wenn ich ein Wort verwende, dann meint es gerade das, was ich mir ausgesucht habe, dass es meinen soll – weder mehr noch weniger." – "Die Frage ist doch," sagt Alice darauf, "ob du in der Lage bist, die Wörter zu veranlassen, so unterschiedliche Dinge zu meinen." – "Nein. Die Frage ist," sagt Humpty Dumpty, "wer ist der Herr über die Wörter? Das ist alles."

Was uns hier vorgespielt wird, ist die Geschichte eines Menschen, der meint, der Herr über die Wörter zu sein. Und wenn er sagt: "humanitäre Hilfe", dann ist das Shakehands mit einem


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