Bundesrat Stenographisches Protokoll 684. Sitzung / Seite 103

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liegen verfolgen. Wenn Sie das strafwürdig finden, dann, so meine ich, halten Sie es für strafwürdig, wenn menschenrechtlichen Geboten entsprochen wird.

Meine Damen und Herren! Wissen Sie überhaupt, das täglich Tausende Kinder im Irak sterben? (Bundesrat Manfred Gruber: Wer ist schuld daran? Der, dem Haider die Hand gereicht hat! Diesem Regime wurde die Hand gereicht!) Vor allem Fritz Edlinger, der Bruder des ehemaligen Finanzministers, von der heute schon erwähnten Gesellschaft für Österreichisch-Arabische Beziehungen weiß das sehr wohl. Er hat daher weit intensivere Kontakte zum Irak als Dr. Haider.

Nun komme ich, um jedwede politische Heuchelei zu vermeiden, auf die Einstellung und Besuchsdiplomatie Ihrer Partei zu sprechen. Heuer hätte eine Delegation des Parlaments Nordkorea besuchen sollen. (Bundesrat Konecny: Nein! Nord- und Südkorea!) – Aber auch Nordkorea, das ist ja dabei. (Bundesrat Manfred Gruber: Im Auftrag der UNO, Herr Kollege, und keine Geheimreise!) Dazu ist festzuhalten, dass Nordkorea eine ideologisch fundierte Diktatur darstellt, die den Iran und den Irak deutlich übertrifft. Es herrscht ein Staatskult, und es ist dies ein Land, in dem nicht im Zusammenhang mit Sanktionen, sondern nur durch eigene Misswirtschaft ein Teil der eigenen Bevölkerung verhungert. Nordkorea verfügt nicht nur vermutlich, sondern nachweislich über Atomwaffen. Nationalratspräsident Dr. Heinz Fischer als Delegationsleiter hätte Nordkorea all dessen ungeachtet besucht. (Bundesrat Manfred Gruber: Aber keine Geheimreise, sondern im Auftrag der UNO!) Offenbar auf Grund der Kritik an Jörg Haiders Irak-Besuch wurde der unter seiner Leitung geplante Besuch Nordkoreas sistiert. (Bundesrat Manfred Gruber: Herr Kollege! Sagen Sie die ganze Wahrheit! Im Auftrag der UNO und keine Geheimreise!)

Wie war das zuvor? – Außenminister Lanc, der von Ihrer Fraktion damals gestellt wurde (Bundesrat Manfred Gruber: Die ganze Wahrheit wollen wir hören!), und später der ehemalige Bundespräsident Waldheim besuchten Saddam Hussein. Was galt noch länger davor für Bruno Kreisky, der nicht nur Libyens Präsidenten Gadaffi, sondern auch Arafat – damals noch ohne jede staatsrechtliche Funktion – empfing und mit ihm Vereinbarungen traf? – Lassen Sie also die Kirche im Dorf! Über SPÖ-Parteichef Gusenbauer rede ich erst gar nicht, der bekanntlich den Moskauer Boden küsste und der vor gar nicht allzu langer Zeit – aber man darf ja umdenken – die wahren Terroristen in Washington und in Tel Aviv ortete. (Bundesrat Dr. Nittmann: Das ist die Wahrheit!)

Demnächst wird uns – und das finde ich erfreulich, dazu stehe ich – der Ministerpräsident des Iran – auch das hat Kollege Konecny heute schon erwähnt –, Khatami, besuchen. Wenn es nach den USA ginge, wäre das natürlich auch unzulässig, weil der ja auch aus einem Reich des Bösen kommt. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen. – Bundesrat Konecny: Nein, wieso? Ich habe ja gesagt, dass ich das gut finde!)

Kürzlich fand bekanntlich auch unter unserer Mitwirkung ein Dialog der Kulturen in Istanbul statt. Daran nahm selbstverständlich auch der Außenminister des Irak teil. Die meisten EU-Staaten, so die Bundesrepublik Deutschland, England, Frankreich, Italien, Spanien und andere, haben volle diplomatische Vertretungen im Irak. Dieser Staat hat auch, wie schon erwähnt, eine Botschaft in Österreich. Ich selbst hatte Gelegenheit, den damaligen irakischen Botschafter in Wien persönlich kennen zu lernen. Er ist jetzt Außenminister. Darf man ihn jetzt nicht mehr kennen? – Als Botschafter war er wohl gelitten in Wien. Dürfen wir ihn heute nicht mehr kennen? Dürfen wir mit ihm heute keinen Kontakt mehr haben? – Als Botschafter in Wien dürfen wir das offenbar schon.

Vor allem aber, meine Damen und Herren, wird Ihnen nicht entgangen sein – auch das ist heute schon angesprochen worden –, dass sich die Außenminister der Europäischen Union zunehmend von der aggressiven Außenpolitik der USA distanzieren. (Bundesrat Konecny: Die reisen aber nicht nach Bagdad!) Ich erwähne stellvertretend für alle die Klarstellung des Außenministers der Bundesrepublik Deutschland, Joschka Fischer, der uns ideologisch gewiss nicht nahe steht, dass wir zwar voll auf der Seite der USA stehen, so weit es um die Abwehr des weltweiten Terrorismus geht – dazu bekennt sich unsere Regierung ganz eindeutig und selbstverständlich auch meine Fraktion, auch Dr. Haider hat das ausdrücklich bekräftigt –, dass aber,


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