Bundesrat Stenographisches Protokoll 686. Sitzung / Seite 58

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alle kennen die Probleme mit den Jugendlichen in den Großstädten, die oft ziellos durch die Gegend irren, Drogen und anderen Problemen ausgeliefert sind. Wir wissen, welch wertvolle Arbeit von den Funktionären in der Jugendarbeit geleistet wird, wie erfolgreich und sinnvoll die Jugendlichen in diese Gemeinschaft eingegliedert werden.

Wir wissen, welch wichtige Funktion diese Vereine auch für jene, die aktiv im Berufsleben stehen, haben. Wir wissen vom Stress eines Schuldirektor, Managers, Arbeiternehmers, Fachelektrikers beispielsweise, die in der Vereinsarbeit einen Ausgleich suchen und dabei von ihrer Alltagstätigkeit etwas abschalten können.

Letztlich sind die Vereine auch für die Senioren von großer Bedeutung, sie sind eingebettet in den Verein, fühlen sich als Mitglied geschätzt. Das Vereinsleben wirkt sich positiv auf viele zwischenmenschliche Beziehungen aus.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Erst gestern wieder ist in Oberösterreich ein ganz tragischer Vorfall ans Tageslicht gekommen. Ein 60-jähriger Selbstmörder wurde zwei Jahre lang von niemandem vermisst, von der Familie nicht, der Verwandtschaft nicht und der Nachbarschaft nicht. Wenn der Betreffende bei einem Verein Mitglied gewesen wäre, hätte spätestens nach einer Woche, wenn er nicht zum Vereinsabend kommt, jemand gefragt: Wo ist unser Kollege? Wo ist unsere Kollegin? – Daran erkennt man die wertvolle Funktion, die von den Vereinen geleistet wird.

Angesprochen wurde auch, dass ein Verein, der ein Vereinslokal betreibt, Steuern zahlen muss. – Das ist doch nicht wahr! Es ist die Gemeinnützigkeit in den Vordergrund zu stellen. Wenn ein Verein die Erträge aus der Vereinskasse, egal ob ein Lokal betrieben wird oder nicht – dazu bedarf es übrigens einer offiziellen Genehmigung erteilt, zumindest braucht man jemanden, der die Genehmigung erteilt –, in die Erhaltung des Vereins fließen lässt, hat er überhaupt kein Steuerproblem.

Deshalb sollte man hier nicht das Kind mit dem Bade ausschütten, sondern von der Realität sprechen, von der Leistung, die von den Vereinsmitgliedern täglich erbracht wird – mit vollem Einsatz: Benzin, Telefon auf eigene Kosten, Freizeit, zum Teil auch noch in Zusammenarbeit mit Familienmitgliedern. Wenn zum Beispiel ein Fest organisiert wird, bereiten die Frauen und Kinder zu Hause Süßigkeiten vor, arbeiten dann mit als Kellner, helfen mit beim Auf- und Abbauen der Zelte, beim Schmücken der Festräumlichkeiten und nehmen sich dafür oftmals Urlaub. Das sind großartige Leistungen, die wir wertschätzen und in den Mittelpunkt stellen sollten.

Ich denke, die vorliegende Novelle wird diese Leistungen unterstützen und in Zukunft sichern, und wir werden ihr deshalb unsere Zustimmung erteilen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

12.09

Vizepräsident Jürgen Weiss: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

Wünscht noch jemand das Wort? – Herr Bundesrat Würschl, bitte.

12.09

Bundesrat Herbert Würschl (SPÖ, Kärnten): Sehr geehrte Damen und Herren! Ich bin sehr froh darüber, dass ich das derzeit gültige Vereinsgesetz mit dem Vereinsgesetz 2002, wie es hier als Novelle vorliegt, gelesen, verglichen und auch versucht habe, eine Begründung dafür zu finden, weshalb diese so genannte Novelle stattfinden soll.

Es ist für mich die Sinnhaftigkeit dieser Novellierung nicht erklärbar und nicht erkennbar. Die Praxis des Vereinsrechtes, sehr geehrte Damen und Herren – ich bin auch in einigen Vereinen tätig –, funktioniert in Wirklichkeit. Das Vereinsleben ist lebendig, es gibt eigentlich keine großen Probleme, wie heute auch schon in einigen Zahlen zum Ausdruck gebracht worden ist.

Sehr geehrte Damen und Herren! Was mich ärgert, ist die Regulierungswut, die sich in dieser so genannten Novelle abzeichnet. Reformen gegenüber sind wir Sozialdemokraten immer sehr aufgeschlossen, nämlich dann, wenn die Reformen Vereinfachungen bringen, wenn die


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