Bundesrat Stenographisches Protokoll 686. Sitzung / Seite 66

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Frau Kollegin Schicker! Das ist doch eine Problematik, die man nicht nur bei der Substandardwohnung findet. Das wird der große Haken des Wohnungseigentums überhaupt werden. (Bundesrätin Schicker: Aber die schauen anders aus, das sind schöne Wohnungen!)

Was glauben Sie, was passieren wird, wenn in 100 Jahren ein Wohnhaus mit 200 Wohnungen, gebaut in den sechziger Jahren, abbruchreif wird? Was glauben Sie, welche Arbeit Sie dann haben, wenn Sie 200 Eigentümer dieser Wohnungen auf einmal vor die Tatsache stellen müssen: Wir müssen das Haus abreißen, es ist abbruchreif! Bitte, wir bauen das Haus neu, und ihr kauft euch die Wohnungen noch einmal. – Das hat mit der gegebenen Problematik überhaupt nichts zu tun!

Ich glaube, dass da bei der SPÖ immer ein gewisser Reflex dazu kommt, etwas überzeichnet gesagt: Eigentum ist Diebstahl, und wer mit einer Wohnung spekuliert, der betreibt Spekulation!

In den Nationalratsprotokollen habe ich einen herrlichen Vergleich gelesen. Da wurde gesagt, das Recht auf Wohnen könne man doch nicht mit einer Wurstsemmel vergleichen, weil das Recht auf Obdach sei gewissermaßen ein Grundrecht. – Bitte, das Recht habe ich doch gefälligst auch auf eine Wurstsemmel! Wenn die Versorgung mit Nahrungsmitteln nicht ebenfalls zu den Grundrechten gehört, dann weiß ich nicht, was sonst dazugehört.

Darin sind wir uns doch alle einig, dass jeder das Recht auf Versorgung mit Nahrungsmitteln hat! Deswegen gibt es auch Sozialhilfe und diverse Einrichtungen, damit niemand verhungert, wenn er nichts zu essen hat. Da gibt es keinen Unterschied.

Aber ich erkenne einen gewissen Reflex: In dem Moment, in dem es um das Wohnungsrecht geht, ist sofort die Aversion da: "Das sind alles Spekulanten!"

Der Greißler um die Ecke schreibt Gewinne, das ist ganz normal. Der "Konsum" hat Gewinne gemacht. Später hat er dann Verluste geschrieben, aber zuerst einmal hat er Gewinne gemacht, und zwar mit Grundnahrungsmitteln. Auf diese hat jeder Mensch ein Recht, das erkennen Sie an. Aber Sie wittern sofort Gefahr, wenn jemand solch eine Eigentumswohnung kaufen könnte; und der Name "Prinzhorn" ist gefallen.

Frau Kollegin Schicker! Wenn Herr Präsident Prinzhorn einen Haufen Wohnungen hat und die alle herrichtet, dann heißt das, dass vom österreichischen Wohnungsmarkt jetzt beispielsweise 100 Substandardwohnungen endlich verschwinden und keine Substandardwohnungen mehr sind, sondern Wohnungen mit normalem Standard. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Schauen Sie, es geht um Ihr Verhältnis zum Mietrecht. Ich mache einen kleinen Ausflug, Frau Kollegin Schicker, einen kleinen Abstecher. Schauen wir das Mietrecht an, Frau Kollegin Schicker! Sehen wir uns das Mietrecht an!

Der Kaiser hat seinerzeit mit einer Notverordnung armen Kriegerswitwen geholfen und in Mietrechte eingegriffen. In der Folge bekamen wir dann das österreichische Mietrecht, welches 80 Jahre hindurch an Kompliziertheit und Absurditäten nicht zu überbieten war (Beifall der Bundesräte Haunschmid und Dr. Böhm ), welches 80 Jahre hindurch kein einziges Wohnungsproblem in Österreich wirklich gelöst hat, nur weil man geglaubt hat, dass man mit 100 000 Zwangsbestimmungen und Zwangsbeglückungen glückliche Mieter schafft. Das Ergebnis waren dann die Hofratswitwen auf 250 Quadratmeter zu einem Friedenszins in der Höhe von 182 S und mit fünf Untermietern mit je 3 000 S Miete! Das waren die Endergebnisse, die aus diesem vertrackten Wohnrecht mit diesen Wahnsinnsgesetzgebungen entstanden sind. (Bundesrätin Schicker: Die haben wir nicht gehabt, die Hofratswitwen! Wir haben nur Arbeiter gehabt!)

Noch ein Abstecher: Es war auch kein österreichisches Mietrecht, es war ein Wiener Mietrecht. Es war nur auf die Wiener Verhältnisse zugeschnitten und hat sich um die Bundesländer überhaupt nicht gekümmert, meine Damen und Herren!


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