Bundesrat Stenographisches Protokoll 686. Sitzung / Seite 110

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in beiden Spielarten die ÖVP maßgeblich beteiligt war und ist – in Zeiten wirtschaftspolitischer und volkswirtschaftlicher Probleme die Ausgaben zurückgeschraubt und Steuern sowie Abgaben erhöht.

Es ist dabei völlig unerheblich, ob diese ökonomischen Probleme nun als Rezession, Stagnation auf hohem Niveau oder Delle bezeichnet werden. Glauben Sie mir, einem Arbeitslosen ist es, und zwar völlig zu Recht, völlig egal, ob er seinen Jobverlust einer Rezession, einer Stagnation oder einer Delle zu verdanken hat. Er erwartet, und zwar ebenfalls zu Recht, dass von Seiten der Wirtschaftspolitik kurzfristig etwas dagegen unternommen wird.

Den furchtbaren 11. September des Vorjahres und seine Auswirkungen allein für wirtschaftliche Schwierigkeiten in Österreich verantwortlich zu machen, ist ebenso verfehlt. Bereits vor über einem Jahr haben Wirtschaftsforscher wie auch Opposition davor gewarnt, dass es zu Abschwächungstendenzen der heimischen Wirtschaft kommen könnte. Von Seiten der Regierung wurde allerdings genau das getan, was man nun auch versucht, nämlich derartige Stimmen ins Lager der Schwarzmaler zu verbannen. Damals wie heute geht es aber in keinster Weise um Schwarzmalerei.

Die österreichischen Unternehmen und ihre Beschäftigten leisten nach wie vor hervorragende Arbeit. Nur die von der Wirtschaftspolitik der Bundesregierung zur Verfügung gestellten Rahmenbedingungen können bei dieser hervorragenden Arbeit leider nicht mithalten.

Wir haben inzwischen in vielen Makrodaten die in den Neunzigern noch eingenommene Überholspur verlassen, und das ist ein Faktum, das nicht einmal vom Finanzministerium bestritten wurde; ein Faktum zudem, das nach zwei Jahren FPÖ-ÖVP-Koalition nicht der Vorgängerregierung, der auch dieselbe ÖVP mit praktisch denselben Ministern – der Vorwurf trifft nicht Sie – angehörte, angelastet werden kann, jedenfalls nicht in glaubwürdiger Art und Weise, wie ich meine.

Statt also in einer derartigen ökonomischen Situation zum Beispiel die Masseneinkommen zu stärken, was bereits kurzfristig antizyklische Wirkung entfaltet hätte, wurde der genau gegenteilige Weg beschritten. So hielt etwa der Leiter des WIFO, das vom Finanzminister in den letzten Wochen so gerne zitiert wird, zu den Maßnahmen im Bereich der Verbrauchssteuern und Gebühren wörtlich Folgendes fest:

"Im unteren Drittel der Einkommensverteilung übertrifft die durch diese Maßnahmen ab Mitte 2000 wirksame Mehrbelastung die vorhergehende Entlastung aus der Lohnsteuersenkung deutlich." Und weiter: "Durch die Änderung des Einkommensteuerrechts ab 2001 büßen somit sowohl aktive Arbeitnehmer als auch Pensionisten der mittleren Einkommenskategorie am meisten von den Vorteilen aus der Steuerreform 2000 wieder ein."

Zusammenfassend meint der Leiter des WIFO, dass die familien- und steuerpolitischen Maßnahmen der früheren Bundesregierung "die Einkommensverteilung relativ massiv zugunsten der niedrigen und mittleren Einkommen verschoben" hätten. Die so genannten Konsolidierungsmaßnahmen der nunmehrigen Regierung – ich zitiere wieder – "trafen und treffen ab Anfang 2001 besonders Bezieher niedriger und mittlerer Einkommen, die ein Jahr zuvor als stärker begünstigt erschienen." (Bundesrätin Haunschmid: Da kannst du nur mehr lachen!)

Dass damit genau jenen Einkommen Kaufkraft entzogen wird, die generell über die höchsten Konsumquoten verfügen, muss in ökonomisch logischer Konsequenz dämpfende Konjunktureffekte nach sich ziehen.

Ebensolche Effekte hatten verschleppte Infrastrukturprojekte hohen Ausmaßes, denn das Einzige, was sich im zuständigen Ministerium politisch permanent bewegte, war der Ministersessel. Das "angebliche" Nulldefizit – zumindest der Herr Staatssekretär wird verstehen, warum ich "angeblich" sage – wurde erkauft mit einer Verschärfung der Rezessionstendenzen. Das wird von sämtlichen Wirtschaftsforschungsinstituten ebenso belegt – und zwar egal, ob sie jetzt von Ihnen zusammengelegt werden wollen oder nicht, und egal, ob Sie noch Hunderte


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