Bundesrat Stenographisches Protokoll 689. Sitzung / Seite 84

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zugelassen werden, deren Zulassung gar nicht beantragt wird, weil der österreichische Markt sehr klein ist. In Wirklichkeit wird mit diesem Übereinkommen also die Möglichkeit geschaffen, dass auch auf einem kleinen Markt hochmoderne, zeitgemäße Pflanzenschutzmittel verfügbar sind.

Die Bauern müssen sich seit einigen Jahren dem freien europäischen Markt stellen, und wir können uns noch sehr gut daran erinnern, dass nach dem EU-Beitritt die Produkterlöse der Bauern um 30 bis 50 Prozent zurückgegangen sind. Für sie bedeutet diese Novelle, dass auch hinsichtlich der Betriebsmittel, bei denen das bisher relativ schwierig war, "Waffengleichheit" mit den Konkurrenten in den anderen europäischen Ländern hergestellt werden kann. Auf Dauer kann auch eine umweltgerechte, umweltorientierte Landwirtschaft nur dann existieren und produzieren, wenn sie wettbewerbsfähig ist.

Jeglicher Logik entzieht es sich, wenn wir einerseits die Lebensmittel, die in irgendeinem anderen europäischen Mitgliedsland zugelassen sind, in Österreich selbstverständlich kredenzen lassen, keine Bedenken haben, sie uns selbst und unseren Konsumenten zu servieren, andererseits aber in der Vorstufe plötzlich den Retourgang einlegen und die Geschichte zurückdrehen wollen.

Ich darf Sie deshalb ersuchen, noch einmal darüber nachzudenken, ob diese Argumente nicht doch ausreichen würden, mit uns diesen Schritt in die Zukunft der Landwirtschaft zu gehen. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

14.14

Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Dr. Lindinger. – Bitte.

14.15

Bundesrat Dipl.-Ing. Dr. Bernd Lindinger (Freiheitliche, Niederösterreich): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Nachdem ein Bürgermeister und ein Bauernbunddirektor gesprochen haben, kommt nun – und damit darf ich mich selbst näher beschreiben – ein Chemiker zu Wort.

Es trifft mich nach langer Berufserfahrung jedes Mal persönlich, wenn ein bisschen gegen die Chemie Stimmung gemacht wird. (Zwischenruf des Bundesrates Rosenmaier. ) Sie sagen es. – Ich möchte jeden Einzelnen von Ihnen ganz kurz auf seine eigene Biographie verweisen: Ohne Chemie wären Sie wahrscheinlich – ich behaupte es einmal – fast alle, die Sie hier sitzen, schon im Kindbett gestorben. Das Kleinkindalter hätten Sie wahrscheinlich auch nicht überstanden. Aber selbst dann, wenn all das noch gut gegangen wäre – denn immerhin ist die Menschheit auch vor der Chemie noch nicht ganz ausgestorben gewesen –, wären Sie wahrscheinlich verhungert. (Heiterkeit des Bundesrates Rosenmaier.  – Zwischenrufe bei der ÖVP.) Ich möchte jetzt nicht der Opposition das Wort reden, Herr Kollege, aber ich möchte nicht schauen, was Sie auf Ihren Feldern ausbringen. Ich gehe nicht davon aus, dass das von der Chemie weit entfernt ist! (Zwischenruf des Bundesrates Steinbichler. ) – Herr Kollege! Ich habe Verwandte, die Bauern sind, und ich weiß, was da passiert. Ich weiß es! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Bundesrat Freiberger: Ja Wahnsinn!)

Wir reden hier aber nicht von der Chemie im Allgemeinen, sondern es geht hier speziell um Pflanzenschutzmittel, Düngemittel, um die Ausbringung tierischer Proteine auf Feldern, um die Ausbringung von unbehandeltem Klärschlamm und so weiter. Es ist ein ganzes Konvolut von Regelungen zu beschließen, die die Gemüter hier offenbar aber weniger erhitzen, als das, wie man hört, im Nationalrat der Fall war. Es handelt sich dabei letztlich, wie schon gesagt wurde, auch um eine Anpassung an das EU-Recht. Diese Anpassung bringt mehr Markttransparenz bei landwirtschaftlichen Betriebsmitteln und damit auch eine Angleichung an das Preisniveau.

Man ist auf der einen Seite für die EU – die Sinnhaftigkeit einer schnellen EU-Osterweiterung zu bezweifeln, wird immer nahezu als "freiheitlicher Sündenfall" gewertet –, aber eine Vereinheitlichung einer EU-weit geltenden Gesetzesmaterie soll schädlich sein? – Das, meine Damen und Herren, ist nicht einzusehen! Hier soll alles beim Alten bleiben? Nach dem Motto: Zur EU ja und zu EU-Gesetzen nein, und auch dann nein, wenn diese einmal zum Nutzen unserer


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