Bundesrat Stenographisches Protokoll 689. Sitzung / Seite 106

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der Menschen in unserem Lande! Das soll auch für viele andere Dinge beispielgebend sein. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

15.53

Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich erteile nun Herrn Bundesrat Engelbert Weilharter das Wort. Ich mache gleichzeitig darauf aufmerksam, dass ich die Beratungen um 16 Uhr zur Behandlung der dringlichen Anfragen unterbrechen werde. – Bitte.

15.53

Bundesrat Engelbert Weilharter (Freiheitliche, Steiermark): Herr Präsident! Frau Staatssekretärin! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ganz kurz in zwei Sätzen: Wie war die Situation betreffend die Abfertigung bisher? – Bisher waren rund zwei Drittel aller Arbeitnehmer von der Abfertigung ausgeschlossen. Nur 3 Prozent der Arbeitnehmer kamen in den Genuss der vollen Abfertigung, oder über 2 Millionen Arbeitnehmer erhielten überhaupt keine Abfertigung; vor allem bei Selbstkündigung war bisher kein Anspruch gegeben.

Meine Damen und Herren! Neu ist bei der Abfertigung für alle, dass alle in einem privatrechtlichen Dienstverhältnis stehenden Arbeitnehmer jetzt einen Abfertigungsanspruch haben, und zwar auch Beschäftigte in den Saisonbetrieben beziehungsweise Saisonberufen, auch Lehrlinge und auch Frauen und Männer, die sich in Karenz befinden.

Vor allem ist auch neu, dass der Anspruchsbeginn ein völlig neuer ist, indem nämlich in Hinkunft ab Beginn des Arbeitsverhältnisses ein Anspruch auf Abfertigung gegeben ist. Neu ist aber auch, dass der Anspruch auf Abfertigung bei jeder Beendigung des Arbeitsverhältnisses bleibt, also auch bei Selbstkündigung. Es wurde schon erwähnt, dass natürlich auch das so genannte Rucksack-Prinzip neu ist, nämlich dass der Arbeitnehmer seine Abfertigung mitnehmen kann.

In Summe, meine Damen und Herren, ist das ein guter sozialer Schritt. Die Abfertigung neu bedeutet mehr Gerechtigkeit für alle. Das ist eine jahrelange Forderung von uns Freiheitlichen, die nun endlich damit umgesetzt wird.

Dass es, meine Damen und Herren, der richtige Schritt ist, sagen nicht nur wir. Damit befinden wir uns in guter Gesellschaft, und da darf ich – Herr Präsident, mit Ihrem Einverständnis – aus dem Protokoll des Nationalrates zitieren. Kein unbedeutender Sozialdemokrat, so glaube ich, nämlich kein Geringerer als Präsident Verzetnitsch hat über diese Abfertigung neu Folgendes gesagt – ich zitiere –:

"Für mich ist es die umfassendste Neuordnung seit 80 Jahren, die in diesem Zusammenhang zu erwähnen ist. Es ist mit diesem heute zu beschließenden Gesetz endlich gelungen, dass jene negativen Wirkungen des derzeit bestehenden Abfertigungsgesetzes der Vergangenheit angehören." – Zitatende.

Meine Damen und Herren! Dem wäre eigentlich nichts hinzuzufügen, außer sehr wohl die Frage: Warum ist diese Einsicht beziehungsweise diese treffende Erkenntnis dem Herrn Gewerkschaftspräsidenten Verzetnitsch erst jetzt gekommen? – Die Frage ist auch: Warum war dem Österreichischen Gewerkschaftsbund – das wurde heute schon angesprochen – in der Urabstimmung die eigene Positionierung wichtiger als die Rechte von Arbeitnehmern? Hat die Frage der Abfertigung im ÖGB bisher nur eine sekundäre Bedeutung gehabt? Waren dem ÖGB die eigene Standortsicherung und die Postensicherung vordringlichere Anliegen? – Natürlich kommt man um diese Frage nicht herum, wenn man weiß, dass der ÖGB, aber vor allem die sozialistische Fraktion jahrzehntelang die Gelegenheit gehabt hätte, diesen Schritt zu gehen.

Meine Damen und Herren! Vergangene Regierungen hatten genug Zeit dazu. Es war, so glaube ich, auch der ÖVP nicht unbedingt immer ein Anliegen, diese Abfertigung und dieses Recht für alle zu schaffen – wobei ich schon verstehe, dass sich die ÖVP ein bisschen hinter ihrem Wirtschaftsflügel verschanzt hat, und das ist durchaus verständlich.


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