Bundesrat Stenographisches Protokoll 690. Sitzung / Seite 86

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Ich darf Ihnen sagen, dass diese Politik und dieses vorliegende Gesetz genau dahin führen, wo Europa seit den Beschlüssen von Tampere hin will. Wir in Europa wollen und können – auch das sei sehr klar gesagt – unsere Tore nicht aufmachen wie bei einem Scheunentor. Das wäre eine Katastrophe, nicht nur für die österreichische Bevölkerung, sondern auch für jene – das ist auch dieser zynische Unterton, den ich immer heraushöre –, die mit großen Visionen, mit großen Wünschen, mit überaus großen Erwartungen aus einer Situation des Elends und der Verzweiflung aufbrechen, um das Paradies zu finden, und in der Prostitution, in der Verelendung, in den Sozialstationen unserer Gesellschaft landen. (Bundesrat Dr. Böhm: Das ist inhuman!) Das kann keine verantwortungsbewusste Fremden- und Ausländerpolitik sein, so wie Sie das vorschlagen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir werden daher sehr klar und deutlich und durchaus vollständig im Kontext Europas – ich habe für heute Nachmittag beziehungsweise Abend die Innenminister der Beitrittskandidaten, den polnischen, den tschechischen, den slowakischen, den slowenischen Innenminister und die ungarische Innenministerin, unter Beisein des Innenkommissars Vitorino nach Salzburg geladen – die Fragen der Weiterentwicklung des europäischen Asyl- und Fremdenrechts und der Grenzpolitik diskutieren, und zwar gemeinsam mit Dr. Busek und Dr. Farnleitner, dem Vertreter Österreichs im Konvent, um europäische Regelungen zu finden, die den Gedanken einer europäischen Wertegemeinschaft, die durchaus eine sehr christliche Wertegemeinschaft ist, auch in Österreich weiterführen.

Das ist die Absicht dieses Gesetzes, das ist die Absicht dieser Entwürfe, und ich bitte um Zustimmung, damit wir das Gesetz nach der Beschlussfassung im Bundesrat auch Schritt für Schritt umsetzen können. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

13.53

Vizepräsident Jürgen Weiss: Nächste Rednerin ist Frau Bundesrätin Herta Wimmler. Ich erteile ihr das Wort.

13.54

Bundesrätin Herta Wimmler (ÖVP, Steiermark): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Herr Präsident! Den Ausführungen des Kollegen Würschl zufolge müsste ich eine Freiheitliche sein und jenen des Kollegen Schennach zufolge eine nicht Christlich-Soziale, weil auch ich die Verordnung der intensiven Sprachförderung und die verbindlichen Sprachkurse für wichtig halte. Ich möchte Ihnen das anhand von einigen praktischen Beispielen auch erklären.

Wir in Kapfenberg – Kollegin Schicker kennt den obersteirischen Bereich; ich möchte ihr im Übrigen herzlich dazu gratulieren, dass sie weiterhin im Bundesrat vertreten ist (allgemeiner Beifall)  –, haben 10 Prozent Bevölkerung mit nicht deutscher Muttersprache, wobei ich das Wort "Fremde" nie in den Mund nehme. Die Männer lernen rascher Deutsch, weil sie gezwungen sind, einen Beruf anzunehmen, zu arbeiten, und sie Deutsch verstehen müssen. Bei den Kindern ist es schon wesentlich schwieriger. Sie kommen meist nicht in den Kindergarten, weil das Geld dafür nicht bereitgestellt wird; das gibt es natürlich auch bei inländischen Familien. Und die Frauen kommen aus ihrem Familienbereich überhaupt nicht heraus, weshalb die Kinder oft bis zum Schulbeginn die deutsche Sprache überhaupt nicht lernen. (Bundesrätin Mag. Trunk: Aber dann dafür sehr schnell und sehr gut!)  – Weil wir ihnen helfen, liebe Frau Kollegin, und zwar durch Kurse.

Es gibt bei uns zum Beispiel seit zehn Jahren eine soziale Lernhilfe, die damals entstanden ist, als die ersten Flüchtlinge aus dem ehemaligen Jugoslawien gekommen sind. Die Kinder standen vor der Türe und konnten nicht Deutsch. Seit nunmehr zehn Jahren unterstützen wir diese Kinder am Nachmittag beim Erlernen der Sprache. Heuer läuft zum ersten Mal ein EU-Projekt – wir sind die einzige Stadt in ganz Österreich, die gefördert wird, Herr Minister –, und wir können neben der Förderung der Kinder auch Sprachkurse anbieten. Aber wie geht das? – Die Leute kommen nicht freiwillig.

Wir vom Arbeitskreis Integration und auch Beamte der Stadtgemeinde sind von Tür zu Tür gegangen und haben die Leute gebeten, zu kommen und diese Kurse zu machen, und wir haben


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