Bundesrat Stenographisches Protokoll 690. Sitzung / Seite 112

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Hinsichtlich des Verwaltungsgerichtshofes möchte ich ein für die Länderkammer durchaus relevantes Thema zur Sprache bringen, wenngleich es mit der konkreten Regelung nichts zu tun hat. Die Bundesverfassung kennt einen Programmsatz, wonach ein Viertel der Mitglieder des Verwaltungsgerichtshofes aus Berufsstellungen der Länder, konkret der Landesverwaltungen, kommen soll. Das ist in der Praxis bei weitem nicht erreicht. Das hat auch verschiedene Gründe, die in den Ländern selbst zu suchen sind. Ein wesentlicher Grund dafür liegt in der besonderen Art der Reisekostenvergütung für jene Mitglieder, die nicht ohnedies schon in Wien wohnen. Dazu gibt es auch entsprechende Gesetzesvorstöße aus dem Bundesrat heraus, mitgetragen von der Landeshauptleutekonferenz.

In letzter Zeit ist ein neuer Gesichtspunkt aufgetreten, wie man den Länderanteil im Verwaltungsgerichtshof erhöhen könnte, indem man nämlich das faktisch bestehende Wohnsitzgebot für Wien lockert. Heute ist es so, dass der Gerichtshof selbst davon ausgeht, dass jeder seiner Richter in Wien seinen Wohnsitz nimmt. Das ist natürlich für Leute aus den Bundesländern nicht ganz einfach. Heutzutage bietet jedoch die technische Entwicklung, insbesondere die neue Form der Kommunikation über große Entfernungen hinweg – Workflow-Programme und dergleichen mehr –, durchaus die Möglichkeit, wesentliche Teile der Arbeit auch disloziert zu erledigen, wie das in großen Wirtschaftsunternehmen, aber auch in der Verwaltung selbst schon der Fall ist.

Daher wäre die Anregung zu prüfen, ob dieses Wohnsitzgebot nicht gelockert werden könnte. Damit würde auch als Nebeneffekt die Raumnot beim Gerichtshof etwas beseitigt, wenn nicht mehr so viel Raum für ständig anwesende Hofräte und sonstige Mitarbeiter bereitgehalten werden muss. – Dies nur als Anregung. Vielleicht haben wir in späterer Folge einmal Gelegenheit dazu, das in passender Weise wieder mit einer Initiative aus dem Bundesrat heraus zu begleiten.

Herr Kollege Kraml hat schließlich das fortgeführt, was schon die Diskussion um die Reform des Verwaltungsstrafrechtes im Nationalrat begleitet hat, nämlich ein offenbar bewusstes Missverstehen-Wollen der Intentionen dieser Regelung. Er hat zwar präzis davon gesprochen, dass nur der Strafrahmen erhöht werde; das geschieht aber nicht deswegen, um den einzusparenden Betrag bei den Leuten zu kassieren, sondern weil man die Strafabteilungen der Bezirkshauptmannschaften von Verwaltungsstrafverfahren dadurch entlasten will, dass Organmandate jetzt mit einem höheren Geldbetrag eingehoben werden können als bisher. Das heißt nicht, dass der Bürger mehr zahlen muss, sondern der Beamte hat die Möglichkeit, auch bei mit höheren Strafen belegten Delikten – insbesondere wird das natürlich im Verkehrsgeschehen der Fall sein – das an Ort und Stelle zu erledigen, ohne eine Anzeige an die Bezirkshauptmannschaft machen zu müssen, und ohne dass dort ein verwaltungsaufwändiger Arbeitsprozess abläuft.

In dieser Rationalisierung, dass nämlich die Strafabteilungen von solchen vielfach auch Bagatellverfahren entlastet werden, liegt ein ganz erhebliches Einsparungspotenzial, das übrigens gar nicht die Bundesregierung berechnet hat, sondern die Zuständigen in den Landesregierungen und bei den Bezirkshauptmannschaften gemacht haben. Sie haben dem Bund gesagt: Wir hätten hier ein Einsparungspotenzial, das lukriert werden kann, wenn man flexiblere Möglichkeiten schafft, wie man es vorher schon in einem anderen Schritt gemacht hat, nämlich dass nicht ein Verwaltungsorgan – im Gegensatz zu einem Exekutivorgan – auch bei kleineren Vergehen sofort ein Verwaltungsstrafverfahren einleiten muss.

Es gibt jetzt schon die Möglichkeit, dass bei solch geringfügigen Delikten von vornherein von einer Anzeige – unter ganz bestimmten rechtsstaatlichen Voraussetzungen natürlich – abgesehen werden kann, so wie ein Exekutivorgan das schon immer konnte, indem es etwa von der Möglichkeit der Ermahnung anstelle einer Strafanzeige oder eines Organmandates Gebrauch gemacht hat.

Insgesamt gesehen ist das also unter dem Gesichtspunkt der Verwaltungsreform ein großer Fortschritt, der hier über Anregung der Länder und im Einvernehmen mit den Ländern erzielt wird. Ich denke, man sollte die Bürger nicht kopfscheu machen und eine Rationalisierungs


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