Bundesrat Stenographisches Protokoll 690. Sitzung / Seite 207

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die Richter nicht richtig werten könnten. – Ich bin aufgefordert worden, diesen Tatbestand zu erklären, und ich tue dies gern.

Er besteht zum einen darin, dass dort zu lesen ist, dass Kinder oder Jugendliche aus bestimmten Gründen noch nicht reif genug sind, um die Bedeutung des Vorganges einer sexuellen Handlung zu erkennen. – Ich glaube, dass es ein Teil der Lebenserfahrung ist, dass jeder wissen muss, wenn er sexuelle Handlungen anbahnt, ob der Partner oder die Partnerin erkennt, was da vor sich geht. Und ich glaube, dass es auch ein Teil der Lebenserfahrung ist, dass man auch das Gegenteil erkennen kann, nämlich dass eben diese Reife des Partners noch nicht vorhanden ist.

Wer dies leugnet, leugnet Tatsachen des Lebens, die wir alle immer richtig einschätzen müssen. Wer behauptet, dass Richter das nicht auch nachträglich nachvollziehen können, der unterschätzt ganz einfach die tägliche intellektuelle Leistung unserer Richter. Es ist eine Herabwürdigung eines gesamten Standes, der für uns alle sehr wichtig ist, wenn man sagt, dass Richter das nicht einschätzen können. Sicherlich liegen zwischen der sexuellen Handlung und der gerichtlichen Beurteilung im Einzelfall Zeiträume, aber ... (Bundesrat Manfred Gruber: Die Richterschaft hat selbst Bedenken geäußert! Ich habe keinem der Richter unterstellt, dass sie das nicht können, sondern die Richter haben selbst Bedenken! Das ist die Tatsache!)

Einzelne Richter haben im Zeitraum der Entstehung des Gesetzes, als dieses teils sehr unsachlich diskutiert wurde, Bedenken anhand unfertiger Tatbestände geäußert. Nach Beschlussfassung im Plenum kenne ich eine derartige Kritik jedoch nicht. Sie können mir diese aber vorhalten, und ich werde dann darauf eingehen.

Das ist aber nicht das Einzige, was hier zu sagen ist. Herr Dr. Aspöck hat es schon angedeutet: Insbesondere die Jugendrichter haben täglich mit diesem Alter der verzögerten Reife zu tun. Sie haben sich aber noch nie darüber beklagt, dass sie da überfordert seien.

Hinzu kommt, dass dieser Tatbestand noch ein zweites Element aufweist, nämlich dass der Partner – in der Regel wird es zugegebenermaßen ein Mann sein – seine altersbedingte Überlegenheit nicht ausnutzen darf. Was heißt das? – Das heißt, dass der Altersunterschied an sich nicht Instrument dafür sein darf, dass sich das unreife Kind oder der unreife Jugendliche zu sexuellen Handlungen hinreißen lässt oder dazu verführt wird. Altersbedingte Überlegenheit bedeutet nach den psychologischen Erkenntnissen auch, dass gerade dieser Umstand bei den missbrauchten Jugendlichen besonders tiefe Spuren hinterlässt.

Um es einmal deutlich zu sagen: Wenn sich ein Sechzehnjähriger an einer Vierzehnjährigen vergeht, die verzögerte Reife aufweist, dann ist das nicht strafbar. Es ist aber auch nicht so schädlich für das Kind oder den Jugendlichen, als wenn dies ein älterer Mensch tut, der eben seine altersbedingte Überlegenheit einsetzt. – In Verfolgung dieser psychologischen Erkenntnis und Erfahrungen haben wir diese beiden Tatbestandselemente zusammengefügt, und sie ergeben insgesamt für unsere Jugendlichen einen Schutz, den wir benötigen und auf den wir nicht verzichten zu können glauben. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

22.36

Präsident Ludwig Bieringer: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Mag. John Gudenus.– Bitte.

22.36

Bundesrat Mag. John Gudenus (Freiheitliche, Wien): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Wie dem Herrn Bundesminister und meinen Kollegen aus der freiheitlichen Fraktion wahrscheinlich geläufig ist, habe ich mit diesem Gesetz eine Zeit lang doch intensiv gehadert. Ich war mir nicht ganz schlüssig, wie ich dieses Gesetz beurteilen soll. Nach langer und oftmaliger Beschäftigung mit diesem Gesetz und nach Gesprächen mit Freunden und auch solchen, die nicht meiner Partei angehören, war ich jedoch überzeugt, dass es ein gutes Gesetz ist, das möchte ich jetzt sagen. Und wenn ich sage, das ist ein gutes Gesetz, dann ist klar, dass ich diesem Gesetz auch zustimmen werden.


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