Was sonst noch in
den „Salzburger Nachrichten“ vor 47 Jahren über die Landeshauptleutekonferenz
und den Bundesrat geschrieben wurde, ist ebenfalls von Aktualität.
Meine sehr
geehrten Damen und Herren! Der Bundesrat ist, wie es auch in den Broschüren des
Parlaments heißt, die Länderkammer der Republik. Seit 1920 ist es das
unablässige Bestreben, diese Verfassungstheorie mit der politischen Realität in
Einklang zu bringen – eine unendliche Geschichte, eine Sisyphusaufgabe,
der wir uns aber dennoch immer wieder neu stellen müssen. – Der Bundesrat
hat Fortschritte erzielt, insbesondere auch dank Professor Schambeck, und er
wird weitere Fortschritte erzielen, und er wird diese auch erzielen müssen. Ich
habe übrigens, frei nach Camus, ein sehr positives Bild des Sisyphus und auch
die interessante Interpretation von Imre Kertezs in diesem Zusammenhang im
Kopfe, nämlich dass man damit etwas bewegen kann.
Ich glaube, wir
stehen im Zusammenhang mit dem Bundesrat, aber vor allem mit dem Bundesstaat
insgesamt an einer wichtigen Wegkreuzung der politischen Entwicklung unserer
Republik am beginnenden 21. Jahrhundert. Auch ich selbst habe dazu einige
Diskussionsbeiträge geliefert, beginnend mit meiner ersten Wortmeldung hier in
diesem Hohen Hause bis hin zu meinem auch hier im Bundesrat im vorigen
Frühjahr – ich glaube, es war der 3. Mai – geäußerten Vorschlag
für einen Österreich-Konvent: Die Zeit ist reif für Reformen!
Ich habe gerade
jetzt, weil wir eben in dieser entscheidenden Phase der Diskussionen um die
Staatsreformen stehen, als Präsident des Bundesrates mit allen
Landeshauptleuten und Landtagspräsidenten, den Präsidenten des Städtebundes und
des Gemeindebundes Termine vereinbart und zu einem gut Teil auch schon
absolvieren können, um mit ihnen gemeinsame Vorgangsweisen, vor allem auch im
Zusammenhang mit einem möglichen Österreich-Konvent, zu besprechen. Ich bin
sehr dankbar dafür, dass sich Präsident Khol mit seinem ganzen politischen
Gewicht des Konvents angenommen hat und es nunmehr breiten Konsens darüber
gibt, dass es in diesem Österreich-Konvent in den nächsten zwei Jahren darum
gehen soll, einen Masterplan – wie ich es nennen würde – für den
österreichischen Staatsaufbau des 21. Jahrhunderts zu entwickeln.
Da ich ihn
anwesend sehe und hier keine Vaterschaftsstreitigkeiten oder sonst etwas ausgetragen
werden sollen, möchte ich sagen: Ich habe das erste Mal von dieser Idee und vom
Österreich-Konvent bei Alfred Payrleitner gelesen, den ich hiemit sehr herzlich
begrüße. (Beifall bei der ÖVP.)
Alle Gruppen sollen
dieses gemeinsame große Ziel erreichen – nicht gegeneinander in
Frontstellungen, sondern miteinander an einem Tisch sitzend und nach Lösungen
ringend. Daher haben Präsident Khol und ich in unserer persönlichen Initiative
einen 80-köpfigen Konvent vorgeschlagen. Viele haben gefragt: Warum sollen das
80 sein? Warum sollen das so viele sein? – Ich sage: Deswegen, damit
möglichst alle betroffenen Institutionen von Anfang an mitwirken können.
Kleine Fachkommissionen, die wertvolle Vorarbeiten geleistet haben, hat es
schon genug gegeben. Jetzt geht es darum, dass die Verantwortlichen diese
beraten und auch umsetzen – natürlich mit einem Präsidium,
Arbeitsgruppen, Modulen, präzisen Fristen und Arbeitsaufträgen.
Ich setze dabei
auch auf die positive Eigendynamik, wie sie uns das Beispiel des Europäischen
Konvents zeigt. Wir streben auch eine Verschränkung mit dem Europäischen
Konvent, vor allem mit den österreichischen Mitgliedern des Europäischen
Konvents an. Es ist auch die Civil Society, die Bürgergesellschaft, eingeladen,
an diesem großen Projekt mitzuwirken – in vielen neuen Mitwirkungsformen,
möglicherweise mit begleitenden Ausschüssen und Arbeitskreisen in den Ländern,
möglicherweise mit Diskussionen und politischem Unterricht in den Schulen, in
Seminaren an den Universitäten, vornehmlich jenen der Rechtslehre und der
Politikwissenschaft, aber natürlich auch in Internetforen. Es soll eine breite
Österreich-Bewegung sein.
Einige wenige Klarstellungen: Wichtig ist, dass die Diskussion über Bundesrat, Landtag, Bundesstaat, Demokratie, Verwaltungs- und Verfassungsreform, also die Staatsreform, nicht als ein intellektuelles Glasperlenspiel oder als ein L’art pour l’art einer abgehobenen politischen
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