Meine Damen und
Herren! Darf ich nach diesen mittelfristigen Perspektiven auch einige kurzfristige
Wünsche äußern, die unabhängig vom Österreich-Konvent realisiert werden können
und die uns zumindest im ersten Punkt hier in diesem Hause immer geeint haben.
Erstens: Das Stellungnahmerecht des Bundesrates im
Gesetzgebungsverfahren – mehrfach bereits in diesem Hause einstimmig
beantragt – wird sicherlich im ersten Halbjahr wiederum beantragt werden.
Wir hoffen sehr, dass wir diesmal im Nationalrat Gehör finden, denn oft ist man
in der Länderkammer im Großen und Ganzen mit einem Bundesgesetz einverstanden,
aber es kann vorkommen, wie ich es selbst etwa im Februar 2001 in diesem
Hause erlebt habe, dass ein Absatz eines Gesetzesparagraphen – damals war
es im Zusammenhang mit dem Privatradiogesetz – eine Beeinträchtigung der
Länderrechte beinhaltet, gegen die es sich aus unserer Sicht zu wehren gilt. Da
macht es nicht viel Sinn, das ganze Gesetz, das wir übrigens insgesamt für
außerordentlich sinnvoll gehalten haben, in Bausch und Bogen zu beeinspruchen,
sondern ist vielmehr angezeigt, durch eine Stellungnahme schon im Gesetzwerdungsverfahren
den Wunsch der Länderkammer einzubringen.
Ein zweiter Wunsch, der auch vom
grünen Bundesrat Stefan Schennach – ich glaube, es war im
Februar 2002 anlässlich der Debatte um die Erklärung von Landeshauptmann
Pühringer – angesprochen wurde, ist: Es sollte aus meiner Sicht die
Möglichkeit gegeben werden, dass der Bundesrat einmal im Halbjahr – ich
betone: die Möglichkeit, nicht die Pflicht – am Landtagssitz des jeweils
den Vorsitz führenden Landes tagt. Ich hielte dies für eine sehr wirkungsvolle
Maßnahme im Sinne der Bewusstseinsbildung für die wichtige und unverzichtbare
Arbeit der Länderkammer. Auch hiefür sind eine kleine Verfassungs- und eine
Geschäftsordnungsänderung notwendig, die zu beantragen sein werden.
Das
bundesstaatliche Prinzip, die Bundesländer, der Bundesrat, die Landtage und die
Gemeinden sind unverzichtbare Orte der überschaubaren demokratischen
Mitwirkung der Menschen. Sie sind unverzichtbar, aber in ihrer Aufgabenstellung
nicht unveränderbar.
Dieses Bekenntnis
zur Region hat nichts mit Provinzialität zu tun. Im Gegenteil: Ich darf in
diesem Zusammenhang einen Satz des zu Unrecht leider schon fast vergessenen
großen deutschen Literaten und Literaturnobelpreisträgers Heinrich Böll aus
seinen „Frankfurter Vorlesungen“ zitieren, der mir besonders treffend
erscheint: „Die Abneigung der Deutschen gegen Provinzialismus, gegen das
Alltägliche, das eigentlich das Soziale und Humane ist, ist eben
provinzlerisch“. – Zitatende.
Für mich steht
fest: Nicht das Bekenntnis zum Wert der Heimat, der Bundesländer und der
Gemeinden, natürlich unverkitscht und in einer modernen Interpretation als Orte
der Beheimatung, sondern manche Großmannsucht ist provinziell!
Meine Damen und
Herren! Wir wollen arbeiten, damit wir ein Optimum für den Bundesstaat Österreich
erreichen, der nach Artikel 2 der Bundesverfassung aus den neun
selbständigen Bundesländern besteht. Die Bundesländer haben durch freiwilligen
Zusammenschluss die Republik zweimal begründet. Das ist nicht historische
Reminiszenz, sondern das ist die entscheidende europäische Zukunftsperspektive, denn
ein sich zunehmend einigendes Europa, das ein Europa der Bürger sein will, kann
nur ein Europa der Regionen sein. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten
der Freiheitlichen.)
Wir, der
Bundesrat, die Länderkammer der Republik Österreich, werden zu dieser Zukunftsentwicklung
unseren Gestaltungsbeitrag leisten! – Ich danke Ihnen für Ihre Geduld. (Beifall
bei der ÖVP sowie bei Bundesräten der SPÖ und der Freiheitlichen.)
9.33
Erklärung der Frau
Landeshauptmann von Steiermark
Präsident
Herwig Hösele: Ich gebe bekannt, dass mir die Frau
Landeshauptmann der Steiermark, Waltraud Klasnic, mitgeteilt hat, eine
Erklärung gemäß § 38 Abs. 3 der Geschäftsordnung des Bundesrates zum
Thema „Aktuelle Fragen des Föderalismus“ abgeben zu wollen.
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