Bundesrat Stenographisches Protokoll 693. Sitzung / Seite 12

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Meine Damen und Herren! Darf ich nach diesen mittelfristigen Perspektiven auch einige kurz­fristige Wünsche äußern, die unabhängig vom Österreich-Konvent realisiert werden können und die uns zumindest im ersten Punkt hier in diesem Hause immer geeint haben.

Erstens: Das Stellungnahmerecht des Bundesrates im Gesetzgebungsverfahren – mehrfach bereits in diesem Hause einstimmig beantragt – wird sicherlich im ersten Halbjahr wiederum beantragt werden. Wir hoffen sehr, dass wir diesmal im Nationalrat Gehör finden, denn oft ist man in der Länderkammer im Großen und Ganzen mit einem Bundesgesetz einverstanden, aber es kann vorkommen, wie ich es selbst etwa im Februar 2001 in diesem Hause erlebt habe, dass ein Absatz eines Gesetzesparagraphen – damals war es im Zusammenhang mit dem Privat­radiogesetz – eine Beeinträchtigung der Länderrechte beinhaltet, gegen die es sich aus unserer Sicht zu wehren gilt. Da macht es nicht viel Sinn, das ganze Gesetz, das wir übrigens insgesamt für außerordentlich sinnvoll gehalten haben, in Bausch und Bogen zu beein­spruchen, sondern ist vielmehr angezeigt, durch eine Stellungnahme schon im Gesetzwer­dungs­verfahren den Wunsch der Länderkammer einzubringen.

Ein zweiter Wunsch, der auch vom grünen Bundesrat Stefan Schennach – ich glaube, es war im Februar 2002 anlässlich der Debatte um die Erklärung von Landeshauptmann Pühringer – angesprochen wurde, ist: Es sollte aus meiner Sicht die Möglichkeit gegeben werden, dass der Bundesrat einmal im Halbjahr – ich betone: die Möglichkeit, nicht die Pflicht – am Landtagssitz des jeweils den Vorsitz führenden Landes tagt. Ich hielte dies für eine sehr wirkungsvolle Maßnahme im Sinne der Bewusstseinsbildung für die wichtige und unverzichtbare Arbeit der Länderkammer. Auch hiefür sind eine kleine Verfassungs- und eine Geschäftsordnungs­änderung notwendig, die zu beantragen sein werden.

Das bundesstaatliche Prinzip, die Bundesländer, der Bundesrat, die Landtage und die Gemein­den sind unverzichtbare Orte der überschaubaren demokratischen Mitwirkung der Menschen. Sie sind unverzichtbar, aber in ihrer Aufgabenstellung nicht unveränderbar.

Dieses Bekenntnis zur Region hat nichts mit Provinzialität zu tun. Im Gegenteil: Ich darf in diesem Zusammenhang einen Satz des zu Unrecht leider schon fast vergessenen großen deutschen Literaten und Literaturnobelpreisträgers Heinrich Böll aus seinen „Frankfurter Vorle­sungen“ zitieren, der mir besonders treffend erscheint: „Die Abneigung der Deutschen gegen Provinzialismus, gegen das Alltägliche, das eigentlich das Soziale und Humane ist, ist eben provinzlerisch“. – Zitatende.

Für mich steht fest: Nicht das Bekenntnis zum Wert der Heimat, der Bundesländer und der Gemeinden, natürlich unverkitscht und in einer modernen Interpretation als Orte der Behei­matung, sondern manche Großmannsucht ist provinziell!

Meine Damen und Herren! Wir wollen arbeiten, damit wir ein Optimum für den Bundesstaat Öster­reich erreichen, der nach Artikel 2 der Bundesverfassung aus den neun selbständigen Bundesländern besteht. Die Bundesländer haben durch freiwilligen Zusammenschluss die Republik zweimal begründet. Das ist nicht historische Reminiszenz, sondern das ist die ent­schei­dende europäische Zukunftsperspektive, denn ein sich zunehmend einigendes Europa, das ein Europa der Bürger sein will, kann nur ein Europa der Regionen sein. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

Wir, der Bundesrat, die Länderkammer der Republik Österreich, werden zu dieser Zukunfts­entwicklung unseren Gestaltungsbeitrag leisten! – Ich danke Ihnen für Ihre Geduld. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Bundesräten der SPÖ und der Freiheitlichen.)

9.33

Erklärung der Frau Landeshauptmann von Steiermark


Präsident Herwig Hösele: Ich gebe bekannt, dass mir die Frau Landeshauptmann der Steiermark, Waltraud Klasnic, mitgeteilt hat, eine Erklärung gemäß § 38 Abs. 3 der Geschäfts­ordnung des Bundesrates zum Thema „Aktuelle Fragen des Föderalismus“ abgeben zu wollen.

 


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite