Bundesrat Stenographisches Protokoll 696. Sitzung / Seite 20

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weise ich nichts von dem, was wir heute an Kritik daran gehört haben, zurück, sondern ich bestätige diese Kritik. Wer hat denn jetzt die Option? – Jetzt haben die geringfügig Beschäftig­ten – 440 € Einkommen – die Option. Geringfügig beschäftigt heißt geringfügiges Einkommen, heißt wenig Einkommen. Und jetzt habe ich wenig Einkommen und muss optionieren, und zwar für die Pensionsversicherung und für die Krankenversicherung. Ich habe die Wahl zwischen wenig und nichts. Und genau in dieser Situation entlasse ich den Arbeitgeber aus der Verant­wortung, der in diesem Fall nicht aus der Pflicht genommen werden kann.

Wenn Herr Kollege Klamt meint, wer bei diesem Thema auf die Pensionsversicherung zu spre­chen komme, hat das Thema verfehlt, dann muss ich sagen: Herr Klamt, Sie haben das Thema nicht erkannt! (Beifall der Bundesrätin Kerschbaum und bei der SPÖ.)

Geringfügig beschäftigt sind – das haben wir heute schon gehört – in der Mehrzahl Frauen, aber auch immer mehr Jugendliche, die unter Druck kommen und geringfügige Beschäftigun­gen annehmen. Nun kommt die Pensionsreform – heute findet der „Runde Tisch“ statt – mit ihrem 40-jährigen Durchrechnungszeitraum. Es ist nicht so, Herr Minister Haupt, dass wir hier ein Gesetz machen für geringfügig Beschäftigte, und zwar ausschließlich für jene Frauen, die Kinderbetreuungsgeld beziehen. Das ist eine Gruppe, aber es gibt viele. Es gibt Jugendliche, Studierende, Männer und Frauen, die heute zum Teil die Geringfügigkeit, auf Grund welcher Lebensumstände auch immer, wählen oder in die Geringfügigkeit auf Grund mangelnder Arbeitsplatzmöglichkeiten gezwungen werden.

Mit der Pensionsreform, die Sie vorhaben, schaffen Sie die Ausgleichszulagenempfänger der Zukunft. Diese Geringfügigkeit ist das Problem, ist das Pensionsproblem der Zukunft, Herr Ing. Klamt! Sie können nicht sagen, dass das irgendetwas mit „Thema verfehlt“ zu tun hat. Sie haben das Thema nicht erkannt. Geringfügige Beschäftigung, Teilzeitbeschäftigungen und alle Formen von prekären Arbeitsverhältnissen werden in 20, 30 Jahren die Pensionsversicherun­gen und vor allem das soziale System in Österreich vor Riesenprobleme stellen. Heute schaffen wir ein weiteres Puzzle in diesem Problembereich. (Bundesrat Ing. Klamt: Habe ich gesagt!) Sie haben gesagt, wer heute über Pensionsversicherungen redet, hat das Thema verfehlt. Und das stimmt einfach nicht. (Bundesrat Ing. Klamt: Die Vollzeitbeschäftigung soll das Ziel sein! – Bundesrat Gasteiger: Das müsst ihr der Bundesregierung sagen!) – Ja, Vollzeitbeschäftigung sollte das Ziel sein. Wir alle wissen, dass wir heute Arbeitszeiten anders verteilen müssen und auch wollen. Und viele Menschen haben in ihrem Leben auch andere Optionen. Aber wir müssen schauen, dass niemand aus diesem System unserer solidarischen Pensionsversiche­rung stürzt.

Herr Minister, Sie haben heute einen „Runden Tisch“ initiiert. Sie und jeder einzelne FPÖ-Minis­ter könnten in kürzester Zeit zum Helden werden. Sie brauchen nur zu sagen: Es gibt in der Regierung eine Nein-Stimme. Sie könnten das machen, Herr Minister Haupt, Sie brauchen den Bundespräsidenten nicht. Sie treten auch hier mutig auf, machen einen Slalom, wo keiner mehr gesteckt ist (Heiterkeit und Beifall der Bundesrätin Kerschbaum und bei der SPÖ), und könnten genau das, was die Mehrheit der österreichischen Bevölkerung denkt, dass diese Pensionsre­form ... (Bundesrätin Roth-Halvax: Wo haben Sie das her, dass das die Mehrheit ist?)

Liebe ÖVP! Sie haben die Wahlen gewonnen, aber Sie haben mittlerweile die Mehrheit verlo­ren. Das ist Realität! (Beifall und Zwischenrufe bei der SPÖ.) Ich empfehle Ihnen, sich einmal mit Ihrem Bundesparteisekretariat in Verbindung zu setzen. Dort hat man die verschiedenen Daten, dort weiß man das. Und wenn Sie schauen, wie viele Leute auch von den christdemo­kratischen Gewerkschaftern am Heldenplatz waren, um den Heldenplatz waren, dorthin gegan­gen sind, dann wissen Sie, es geht tief in Ihre Reihen. Das ist Realität.

In dieser Situation könnte Herr Minister Haupt aus Kärnten aufstehen und sagen: So nicht! Wenn er das heute beim Bundespräsidenten tut (Bundesrat Konecny: Er wird wieder einen Slalom fahren!), dann ermöglicht er eine Option, mit den Sozialpartnern, mit der Opposition hier im Haus einen Weg zu gehen, denn niemand – niemand! – braucht diese übereilte Pensionsre­form, wie sie derzeit diskutiert wird. (Bundesrat Boden: Das Budget braucht sie!) – Nur das Budget, aber mit Sicherheit nicht jene, die zum Handkuss gebeten werden, nämlich der ASVG-


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