Bundesrat Stenographisches Protokoll 696. Sitzung / Seite 73

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an die Schändung jüdischer Friedhöfe in Linz beziehungsweise in Eisenstadt oder auch an das Attentat auf die Synagoge in der Seitenstettengasse, um hier nur zwei Dinge anzuführen.

Weiters ist es doch auch so, dass die israelische Luftfahrtgesellschaft „El Al“ nicht auf das Wiener Sicherheitspersonal zurückgreift – auch nicht auf das amerikanische, nicht auf das deutsche, nicht auf das französische oder auf das italienische –, sondern sie greift aus­schließlich auf das eigene Sicherheitspersonal zurück.

All das hat also einfach eine andere Bedeutung, eine andere Geschichte. Es geht da um ein Volk in einer ganz spezifischen Situation der Bedrohung. Und da kann man doch nicht mit einer Forderung so umgehen, dass man sagt: Dann schicken wir halt vom Innenministerium noch zehn Sicherheitskräfte hin!, sondern wir, meine Damen und Herren, müssen auf dieses subjektive Empfinden eingehen.

Wenn wir die Situation weiters betrachten, so müssen wir schon auch einen Unterschied zu Deutschland insofern erkennen, als in Deutschland immerhin 86 Synagogen wieder errichtet wurden. 86 Synagogen! – In Österreich gibt es hingegen eine einzige!

Weiterer Unterschied: Die Bundesrepublik Deutschland hat Zehntausenden Juden, und zwar aktiv, die Zuwanderung wieder ermöglicht, und die einzelnen Bundesländer Deutschlands ha­ben daran ganz besonderen Anteil, und sie finanzieren auch sehr viel.

Bis zum 28. Mai 2003 hat die Israelitische Kultusgemeinde Österreichs die Möglichkeit, Anträge an den Entschädigungsfonds zu stellen. Dadurch aber wird – das muss uns auch klar sein – jener finanzielle Anteil geringer, der für Einzelpersonen gedacht ist. Dieser Fonds hat sozu­sagen einen Deckel, eine bestimmte Größe. Die Frage ist, wie weit wir hier großzügig sind – „großzügig“ erlaube ich mir angesichts dessen, wie der Staat, wie verschiedene Einrichtungen, wie Firmen letztlich in der Zeit von 1938 bis 1945 und danach profitiert haben, fast gar nicht zu sagen, da in Anbetracht dessen die Großzügigkeit relativ ist. Jedenfalls bin ich der Über­zeugung, dass wir anders mit dieser Forderung der Israelitischen Kultusgemeinde umgehen sollten.

In diesem Sinne hoffe ich, dass sich die Bundesregierung und die Verantwortlichen der Israelitischen Kultusgemeinde Österreichs in dem Sinne aufeinander zubewegen, dass sie von dieser Konfrontationssituation wegkommen, die sich hier in den letzten Tagen gezeigt hat: gerade auch vor diesem Hintergrund der Geschichte, auf Grund all dieser Vorkommnisse, die, wie wir wissen, in verschiedenen wissenschaftlichen Arbeiten aufgearbeitet wurden und werden. Noch immer kommt man oft erst jetzt darauf: Um Gottes willen, das ist ja auch arisiert worden! Das sitzt jetzt ein Bundesinstitut drinnen, das Gebäude ist auch arisiert worden und so weiter und so fort.

Trachten wir alle daher danach, dass es da zu einer Lösung kommt, zu einer Lösung, die der Geschichte und dieser kleinen Religionsgemeinschaft, die in unserem Lande so viel Leid erfahren musste und der so viel Unfassbares angetan wurde, auch gerecht wird. – Ich danke. (Beifall bei den Grünen sowie bei Bundesräten der SPÖ und ÖVP.)

17.07


Präsident Herwig Hösele: Zu Wort gemeldet ist Herr Professor Konecny. – Bitte.

17.07


Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Wer sich am Ende einer solchen Debatte zu Wort meldet, läuft naturgemäß Gefahr, sich vorwerfen lassen zu müssen, dass er einen netten Konsens zu zerstören im Begriff ist. – Und dies ist auch tatsächlich meine Absicht.

Ich halte es für in höchstem Maße schädlich, wie diese Debatte zumindest von den beiden Vertretern der Regierungsparteien geführt wurde. Ich halte es für unzulässig, und zwar in beiden Richtungen, die Veranstaltung eines buddhistischen Weltkongresses in Graz in irgend­einen Zusammenhang mit dem angeschnittenen Thema zu bringen.

 


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