Bundesrat Stenographisches Protokoll 697. Sitzung / Seite 64

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Nach dem Krieg wurde dann die wirklich grandiose soziale Errungenschaft Pension ge­schaffen. Das Prinzip war denkbar einfach: Die arbeitende Bevölkerung zahlte ein Drittel, die Dienstgeber zahlten ein Drittel, und der Staat beteiligte sich ebenfalls mit einem Drittel. Nicht vergessen darf man dabei, dass de facto Vollbeschäftigung herrschte und dass die allerwenigsten der Kandidaten die für den Genuss einer Pen­sion maximal nötigen Erwerbsjahre aufzuweisen hatten. Die Gründe dafür waren viel­fältig: Es gab zwei Weltkriege, die Weltwirtschaftskrise, die Währungsreform und die dreißiger Jahre mit gewaltigen Arbeitslosenzahlen.

Dennoch muss man heute sagen: Die Einführung des Pensionssystems auf der Basis des so genannten Generationenvertrages war ein sozialpolitischer Supergau.

Das System hat sich bewährt und auch gehalten, nur, meine Damen und Herren, im Laufe der Zeit haben sich die Voraussetzungen und Grundlagen für dieses System ge­ändert. So lag zum Beispiel im Jahr 1970, zu Beginn der Ära Kreisky, die durchschnitt­liche Lebenserwartung bei 77 Jahren, und davon entfielen 44 Jahre auf das Arbeits­leben, 14 Jahre verbrachte der Durchschnittsösterreicher im Ruhestand. 20 Jahre spä­ter war die Lebenserwartung auf 81 Jahre gestiegen, die Zahl der Arbeitsjahre war auf 36 gesunken, aber es waren schon 23 Pensionsjahre.

Dieser für das Pensionssystem verheerende Trend hat sich bis heute fortgesetzt. Heute kommen auf 1 000 Beschäftigte bereits 620 Pensionisten.

Ich könnte Ihnen noch eine Reihe von Zahlen vortragen: wann nach der Hochrechnung bei unverändertem System der Zeitpunkt erreicht sein wird, dass auf einen Erwerbs­tätigen ein Pensionist kommt; wann der Zeitpunkt erreicht sein wird, dass die freien Budgetmittel zur Gänze zur Finanzierung der Pensionen aufgewendet werden müssen; wann der Zeitpunkt erreicht sein wird, dass dieses System den endgültigen Kollaps erleiden wird und zu dem dann die nächste Generation endgültig die betrogene ist.

Meine Damen und Herren! Jedem, der mit etwas Hausverstand ausgestattet ist, muss klar sein, dass man nicht sehenden Auges in die Katastrophe laufen darf und dass man zeitgerecht Änderungen und Anpassungen vornehmen muss. Es ist schon eher fünf nach zwölf als fünf vor zwölf. Ich möchte den früheren Regierungen nicht unter­stellen, dass sie die Notwendigkeit einer Reform des Pensionssystems nicht erkannt haben, aber sie hatten nicht den Mut, die vorprogrammierten Auseinandersetzungen mit den Sozialpartnern und Gewerkschaftern zu führen. Deshalb wurde die Reform ver­schoben oder – wenn überhaupt – zu einem Reförmchen zusammengestutzt.

Glauben Sie mir, meine Damen und Herren, die Regierung Schüssel hätte es sich auch leichter machen können und im Bewusstsein, dass dies falsch ist, dem Druck der Gewerkschaften und Arbeitnehmervertretungen nachgeben können. Das hätte uns in der Wählergunst bedeutend höher gehalten. Wir haben aber im Wissen um unsere Verantwortung den erheblich schwierigeren Weg gewählt, sind den Auseinanderset­zungen nicht aus dem Weg gegangen und werden diesen Weg auch gegen den Wider­stand der Besserwisser und Realitätsverdränger zu Ende gehen. Ich glaube, es ist der richtige Weg! (Beifall bei der ÖVP.)

13.06

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Als Nächster erteile ich Frau Bundesrätin Kerschbaum das Wort.

 


13.06

Bundesrätin Elisabeth Kerschbaum (Grüne, Niederösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Im „Standard“ der vorletzten Woche habe ich mit Überraschung gelesen, dass die FPÖ die Pensionen schönredet. – Ich habe mir gedacht: Was kann man an diesen Dingen


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