Bundesrat Stenographisches Protokoll 702. Sitzung / Seite 36

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

ge Böhm, es ist nicht gottgewollt, wenn Ausschüsse stattfinden. Es ist eine Sache der Vereinbarung.

Herr Minister Gorbach hat sich hier als glühender Föderalist präsentiert. Ja, aber bitte, es gehört schon zum Selbstverständnis eines glühenden Föderalisten, dass man diese Kammer ernst nimmt. Ich kann das hier nur noch einmal betonen!

Der Herr Bundeskanzler hat gemeint, er begrüße uns alle zur neuen Gesetzgebungs­periode. Ich weiß nicht: Was war denn im letzten halben Jahr? Ich verstehe, dass er das letzte halbe Jahr aus seinem Gedächtnis gestrichen hat, aber bitte die Angelobung dieser Regierung war im März, die Gesetzgebungsperiode beginnt nicht mit heutigem Tag! Dass man von März 2003 bis November 2003 offensichtlich eine Abschreibung vornimmt – es ist nichts geschehen, wir vergessen das; wir haben jetzt einen neuen Vizekanzler –, verstehe ich. Ich habe auch nichts dagegen, dass Hubert statt Herbert kommt, wie eine Zeitung als Resümee gezogen hat, aber ich verstehe nicht, warum! Was war die Notwendigkeit dieses Wechsels? (Bundesrat Boden: Noch dazu, wo der eh „so gut“ war!)

Ich verstehe: Im Jahre 2000 hat man gesagt, die Republik richtet eine Lehrwerkstätte ein. Man nannte das Infrastrukturministerium, die Lehrwerkstätte der Republik. (Heiter­keit bei den Grünen und der SPÖ.) Immerhin, vier Minister in einer relativ kurzen Zeit – das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen! Und heute diskutieren wir darüber – und ich glaube, das ist das Einzige, worüber wir einer Meinung sind! –, dass der Vorschlag der EU betreffend Transit inakzeptabel ist.

Meine Damen und Herren! Wir hatten doch bitte in diesem Ministerium einen Schleu­dersitz! Die EU hat uns in den letzten Jahren in Fragen der Transitpolitik keine Se­kunde lang ernst genommen. Und wenn der Herr Bundeskanzler sagt, zu Silvester sei keiner der anderen Minister gekommen, dann muss ich sagen: Wäre ich Minister aus einem anderen Land, wäre ich auch nicht gekommen. Man hat doch nicht einmal ge­wusst, ob der betreffende österreichische Minister dann überhaupt noch Minister – das war damals übrigens Reichhold – oder ob er schon draußen sein wird, oder wer über­haupt noch Ansprechpartner in Österreich ist.

Und genau deshalb schaut die Transitlösung so aus, wie sie ausschaut: weil in diesem Ressort letztlich seit 2000 jedes halbe oder dreiviertel Jahr eine Neuer zu proben begonnen hat!

Alle Ihre Vorgänger, Herr Minister Gorbach, haben den Lehrabschluss in dieser Lehr­werk­stätte nicht erhalten. Ich hoffe, dass zumindest Sie, der Sie ja in Ihrer Partei zu den eher Seriöseren zählen, einen Lehrabschluss bekommen, denn Frau Forstinger hat ihn nicht, Herr Schmid hat ihn nicht und Herr Reichhold hat ihn nicht. (Zwischenruf des Bundesrates Mag. Himmer.) – Lieber Herr Kollege Himmer! Jetzt habe ich Sie akustisch nicht verstanden, aber Sie können ... (Bundesrat Mag. Himmer: Nach dieser Logik brauchen wir die italienischen Minister nie zu besuchen oder einzuladen! ...!) – Wir haben ein existenzielles Interesse an der Transitpolitik, Herr Kollege Himmer. Wir haben ein massives Interesse! Italien hat immer ein klares Pro-Frächterlobby-Interesse gehabt. Wir haben ein ganz klares Interesse, das wir in diesem Jahr durch eine ge­zielte, klare Ressortführung verwirklichen hätten müssen.

Wir konnten jedoch diese Ernsthaftigkeit in diesem Bereich gegenüber der EU nicht deutlich machen. Alles, was wir sagen und wo wir jetzt hinkommen, ist: Nein zu einem Scheinkompromiss – dafür bin ich auch –, aber auch ein Nein zu Scheinrhetorik bezie­hungsweise Scheinpositionen. Und ich bewundere ja immer wieder die Landes­haupt­leute von Tirol und Salzburg, die dann, wenn es nicht wirklich wichtig ist, zu ganz mächtigen, großen Transitgegnern werden, aber dann, wenn es wirklich darauf an­kommt – und die Nagelprobe in der EU ist halt immer wieder auch das, was man im


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite