Bundesrat Stenographisches Protokoll 702. Sitzung / Seite 150

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

sagen ja zu Humanität. Sie sagen nein zum Missbrauch. – Wir sagen nein zum Miss­brauch.

Hier können wir eine ganze Liste abhaken, und es kommt ein komplett anderes Ergeb­nis heraus. Diese ganze Debatte zeigt ja ein fatal anderes Ergebnis. Ich habe schon einmal gesagt – und fürchterliche Zwischenrufe geerntet –, Asylanten sind weder krimineller als Österreicher noch weniger kriminell, sie sind weder mehr noch weniger Schlitzohren. Die Gesellschaft bildet sich immer wieder, wo auch immer, in gleicher Weise ab.

Herr Kollegen Hagen! Wir haben einen langen Weg der Versuche hinter uns, die Vor­urteile irgendwie wegzubekommen oder sich ein bisschen anzunähern, wenn man so nahe beieinander sitzt, aber bei seiner Rede heute ist mir wieder aufgefallen, mit wie vielen Vorurteilen sie behaftet war.

Dabei ist mir ein Vergleich eingefallen, nämlich mit dem Herrn Angelo Soliman. Das war ein Afrikaner, der in Wien lebte – man kann sagen, der „Edelschwarze“ in Wien. Er wur­de als Sklave eingeführt, dann ist er als Fürstensohn in die höchsten Reihen auf­gestiegen, hatte eine hohe Bildung, und er hat immer versucht, eines zu verhindern: dass man ihn nach seinem Tod ausstopft. Genau das ist ihm aber leider passiert. Man hat ihm die Haut abgezogen und hat ihn ausgestopft und ausgestellt.

Es gibt also diese einigen wenigen Guten, und der ganze Rest ist irgendwie Furcht er­regend und schlecht. Das kann es doch nicht sein! Herr Kollege Hagen hat hier einen Zei­tungsartikel nach dem anderen vorgelegt. Da muss ich sagen, er sollte vielleicht ein bisschen die Abonnementpraxis erweitern, weil die Artikel fast alle aus derselben Zei­tung waren.

Es ist natürlich auch eine Frage, nach wem man sich richtet. Wenn man sich etwa nach der Meinung der Caritas oder der Diakonie richtet und damit nach der katho­lischen Kirche, dann haben über 80 Prozent der Menschen in Österreich eine komplett andere Meinung zu dem, was Sie hier beschließen.

Herr Minister! Ich habe auch nie Ihren christlichen Hintergrund verstanden und diesen Krieg, den Sie sich mit der Diakonie und mit der Caritas eingefangen haben, seitdem Sie im Amt sind. Sie haben eigentlich in keiner Weise irgendetwas zur Kon­flikt­ver­meidung beigetragen. Zur Entscheidung, was Traiskirchen und die Betreuung betrifft, sage ich ganz ungeschminkt – wir kennen uns auch schon lange genug –: Ich habe irgendwie das Gefühl gehabt, das war eine ordentliche „Revanche-Wuchtel“, wie man das so landauf landab sagt, denn das Geld kann nicht der Grund gewesen sein. Wir alle wissen nach den Vorgängen, die sich noch vor einem Monat dort abgespielt ha­ben, dass die Betreuung, die man letztlich für Traiskirchen gefunden hat, bei Gott nicht das Wahre oder das Gelbe vom Ei ist, sondern eine Katastrophe.

Herr Minister! Ich weiß nicht, wie die lieben Kollegen aus Oberösterreich heute hier ent­scheiden. Es ist ihnen vom Landeshauptmann ganz freigestellt worden, nach ihrem Gewissen zu handeln, aber es täte ihnen, dem Gesetz, der gesamten Materie und auch dem Dialog mit den Menschenrechtsorganisationen und dem UNHCR gut, wür­den wir dem Minister und dem Nationalrat hier und heute eine Chance eröffnen, dieses Gesetz neuerlich zu beraten und es doch in einigen, aber wichtigen Punkten abzu­ändern. Deshalb werden wir dem Einspruch zustimmen. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

18.45

 


Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich erteile nun Herrn Bundesminister Dr. Strasser das Wort. – Bitte.

 


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite