Bundesrat Stenographisches Protokoll 702. Sitzung / Seite 156

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Menschen bei uns in den Betreuungsstellen Freunde gewonnen, Bekanntschaften geschlossen, auch mit der Bevölkerung. Der Herr Minister hat das Beispiel St. Johann im Pongau angeführt. Diese Menschen leben ja nicht nur in ihren vier Wänden – wir reden ja auch immer von Integration, und das ist gut so. Dann haben diese Flüchtlinge Kontakte, menschliche Kontakte geschlossen – und nach vier, fünf Jahren kommt dann, auf Grund der langen Verfahrensdauer, der endgültige Bescheid: Sie müssen wieder zurück, weil sich auf Grund des langen Verfahrens herausgestellt hat, dass ihr Verbleiben in Österreich nicht zulässig ist und dass sie nicht in die Gruppe der Asyl­werber fallen.

Das ist meiner Meinung nach inhuman und höchst unmenschlich! Und das wird durch dieses Gesetz behoben! (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen. – Bundesrat Lindinger: Gleich heimschicken ist menschlich?)

Nein, ich rede von fünf Jahren, von dem Fall, dass sich das nach fünf Jahren heraus­stellt! – Ewald, ich glaube, du hast mich richtig verstanden.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Es ist von meinen Vorrednern die spe­zielle Situation von Oberösterreich angesprochen worden. Die oberösterreichische Lan­desregierung hat am Montag einen Beschluss gefasst, über den auch durch die Medien berichtet wurde und der – völlig abgehoben vom tatsächlichen Text – zitiert wurde. Ich werde Ihnen den Text dann hier vollinhaltlich zur Kenntnis bringen. Ich möchte aber vorausschicken: Wir Bundesräte – zumindest ich nehme das für meine Person in Anspruch – sind nicht Agenten oder Abgesandte einer Landesregierung, genauso wenig (Oh-Rufe bei der SPÖ) – ja, ich werde das gleich erläutern – wie wir Agenten der Bundesregierung sind. Wir sind nicht von der Landesregierung, sondern vom oberösterreichischen Landtag entsandt, von den Vertretern des oberösterreichi­schen Volkes. Und wir haben abzuwägen, wie wir uns in dieser Sache entscheiden.

Ich muss sagen, der Beschluss der oberösterreichischen Landesregierung ist ein aus­gezeichneter, ich kann damit sehr gut leben. Darin steht wörtlich Folgendes – ich zitiere –:

„1. Der Verfassungsdienst“ – Anmerkung: des Landes Oberösterreich – „wird beauf­tragt, im Einvernehmen mit den zuständigen Abteilungen eine Anfechtung beim Ver­fas­sungsgerichtshof vorzubereiten und zum entsprechend den formalen Erfordernissen nötigen Zeitpunkt vorzulegen.

2. Die Oö. Landesregierung behält sich einen Beobachtungszeitraum von zirka einem Jahr entsprechend dem Gutachten des Verfassungsdienstes und die Einbringung einer Klage beim Verfassungsgerichtshof vor.“

Bitte, das ist doch etwas ganz Normales, dass ein Land ein Gesetz überprüfen kann. Das ist doch keine Sensation! Ich kann mich erinnern, Bundesminister Strasser selbst war es, der einmal ein Landesgesetz auf seine Verfassungsmäßigkeit überprüfen hat lassen. (Bundesminister Dr. Strasser: In Niederösterreich!) In Niederösterreich sogar.

Oder: Nach der Bundesverfassung kann ein Drittel der Abgeordneten jedes Gesetz auf seine Verfassungskonformität überprüfen lassen; übrigens auch ein Drittel der Bun­desräte. Ich halte das für völlig konform mit dem Rechtsstaat. Wenn hier eine Vorred­nerin behauptet hat, das sei Chaos, dann hat sie den Staat Österreich mit einer Bana­nenrepublik verwechselt! (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.) Das ist völlig konform mit unserer Rechtsordnung und mit unserem Rechtssystem.

Den dritten Punkt, den die Landesregierung am Montag beschlossen hat, möchte ich Ih­nen auch nicht vorenthalten:

 


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