Bundesrat Stenographisches Protokoll 704. Sitzung / Seite 66

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Finanzielle Mittel sind einmal ein erster Anfang, und die grüne Fraktion ist da der Meinung, dass es leider zu wenig ist. Jeder Cent, der in diesen Bereich investiert wird, ist wichtig, gut und ausgezeichnet investiert, aber es ist unserer Meinung nach einfach zu wenig. Dieser Bereich ist so wichtig, es ist der Beginn des Arbeitslebens, um den es geht, und hier müsste einfach mehr investiert werden.

Davon abgesehen ist natürlich generell eine gut funktionierende Wirtschaft eine weitere Möglichkeit, um das Problem der Jugendarbeitslosigkeit ein bisschen in den Griff zu bekommen. Die Lehrlingsausbildung, die wir haben, dieses duale System ist im Prinzip gut und wird inzwischen auch von vielen anderen Ländern kopiert. Ein Problem dabei ist vielleicht mittlerweile eine zu starke Spezialisierung. Einer solchen könnte man, so meine ich, eventuell durch ein Modulsystem abhelfen. Sinn der Sache sollte sein, dass die Menschen in einem breiteren Bereich ausgebildet werden, dass sie auch in den Berufschulen Allgemeinbildung erfahren und sich dann spezialisieren können. Die klas­sischen Fachidioten, wie sie oft genannt werden, haben größte Schwierigkeiten, sich auf dem Arbeitsmarkt einzubringen.

Im EU-Vergleich sind wir leider nicht das beste, sondern nur das zweitbeste Land. Ich stimme meinen Vorrednerinnen zu: Jede einzelne Person, die keinen Beruf und keine Lehrstelle hat, ist einfach eine zu viel.

Meiner Meinung nach ist es sehr wichtig, dass man die Lehrlingsausbildung als Teil eines Gesamtbildungskonzeptes sieht. Ich habe mir die Protokolle des Nationalrats zu diesem Thema durchgelesen. Dort ist darüber diskutiert worden, dass es Betriebe gibt, die nur Lehrlinge aufnehmen wollen, die schon Matura haben. Darauf hat jemand an­derer geantwortet, dass das verständlich sei, wenn man hohe Qualifikationen wolle. Das sind meiner Meinung nach eher etwas absurde Diskussionen. Generell wird ein Bildungskonzept benötigt, in dem auch die Lehrlingsausbildung etwas besser einge­glie­dert ist, weil die Trennung zwischen Schülern, Studenten und Lehrlingen eine sehr starke ist. Das ist auf Dauer, so meine ich, auch nicht sehr sinnvoll.

Zum Abschluss möchte ich Ihnen noch kurz etwas aus einem Kommentar, der vor einigen Monaten in der „Tiroler Wirtschaftszeitung“ erschienen ist, zur Kenntnis brin­gen. Dort hat jemand die Situation der Jugendarbeitslosigkeit und der Lehrstellen kommentiert und gemeint, es gebe so viele Lehrstellen, die freistünden, vor allem im Tourismusbereich, aber die jungen Menschen wollten diese Stellen einfach nicht und man müsse eben akzeptieren, dass es dann Menschen gebe, die eben nur als ungelernte Hilfsarbeiter ihr Leben fristeten.

Dazu muss ich schon eines sagen: Die Frage ist letztendlich, ob die Menschen für die Wirtschaft da sind oder ob die Wirtschaft dazu da ist, den Menschen ihren Lebens­standard zu sichern. Meiner Meinung nach ist das Zweite richtig. Wenn Lehrstellen vorhanden sind, für die sich einfach niemand interessiert, auch wenn es nur wenige sind, dann muss man sich sehr gut überlegen, ob man nicht vielleicht gewisse andere Bereiche stärker fördern sollte. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen und bei Bun­desräten der SPÖ.)

13.38

 


Vizepräsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist Herr Dr. Gumpl­maier. – Bitte.

 


13.39

Bundesrat Dr. Erich Gumplmaier (SPÖ, Oberösterreich): Sehr geehrte Frau Prä­siden­tin! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kollegen Bundesrätinnen und Bundesräte! Das heute vorliegende Gesetz ist eine weitere Maßnahme, mit der ein Problem nicht gelöst, sondern nur verdeckt und verschoben wird. Öffentlich wird der Eindruck ver-


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