Präsident Jürgen Weiss: Nächster Redner ist Herr Bundesrat Schimböck. – Bitte.
18.07
Bundesrat Wolfgang Schimböck (SPÖ, Oberösterreich):
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen des Bundesrates!
Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Ich sehe
hier eigentlich keinen Niedergang oder keinen Paradigmenwechsel im politischen
Umgang, sondern ich glaube, Professor Konecny hat nur ganz
einfach hier in sehr sachlicher Form das Sittenbild dieser Bundesregierung
skizziert. (Ironische Heiterkeit bei der ÖVP.)
Ich bin eigentlich verblüfft, Frau
Präsidentin Zwazl, Sie haben eine wichtige Funktion, haben Sie gesagt, aber die
wirklich wichtigen Zahlen muss Ihnen anscheinend die Kammerdirektion der
Wirtschaftskammer für Niederösterreich vorenthalten. (Bundesrätin Zwazl:
Unterstellen Sie mir Unfähigkeit?) – Nein, es wird Ihnen
offensichtlich vorenthalten, denn ich glaube ja nicht, dass Sie uns hier nur
die Hälfte erzählen, denn über 50 000 GesmbHs, Frau Präsidentin Zwazl,
geben eine Null-Einkommensteuer‑ beziehungsweise Körperschaftsteuererklärung
ab. Und das ist ja bekanntlich .... (Bundesrätin Zwazl: Im
Gegensatz zu Ihnen habe ich das Modell des nichtentnommenen Gewinns
entwickelt, und ich weiß, dass auch die kleinen GesmbHs von der KöSt-Senkung
profitieren! – Beifall bei der ÖVP.)
Vielleicht können Ihnen die beiden Regierungsmitglieder aus berufenerem Munde erklären, dass das Prinzip des nichtentnommenen Gewinnes ja nicht für die Körperschaften gilt. Ich glaube, da liege ich richtig. (Bundesrätin Zwazl: Ich habe gesagt, wie ich das Konzept des nichtentnommenen Gewinns gemacht habe, habe ich mir angeschaut, wie das bei den GesmbHs ist! – Beifall bei der ÖVP.)
Eine kompetente Präsidentin, die aber offensichtlich doch mehr als 50 000 Mitglieder der österreichischen Wirtschaftskammer, die in GesmbHs ihre Firmen betreiben, nicht kennt, denn die geben eine Null ab. Sie können das nachlesen im soeben erschienenen Bericht der Statistik Austria. (Bundesrätin Zwazl: Bei Zahlen brauchen Sie gar nicht anzutreten!) – Frau Präsidentin, ich brauche auch nicht anzutreten, Sie brauchen nur ins Internet zu sehen: www.statistik-austria.at. – So simpel ist das!
Aber vielleicht glauben Sie das, was Spartenobmann Lemler, der auch Ihrer politischen Organisation angehört, 2003 erklärt hat: dass 47 Prozent Ihrer Kollegen – ich glaube, Sie haben einen Handelsbetrieb – in den roten Zahlen sind und dass nur mehr 58 Prozent überhaupt positives Eigenkapital haben. Warum ich das eigentlich sage, Herr Bundesminister? – Das ist das reale Bild der Wirtschaft in diesem Land! So sieht das aus.
Ich will wirklich nicht polemisch sein, aber gerade beim Autohandel – das müssen Sie ja aus der eigenen Familie wissen – gibt es nur einige wenige Marken, die wirklich florierende Einzelhandelsunternehmen betreiben, und der Rest befindet sich eben in diesem Bereich.
Wenn Sie wirklich eine Finanzpolitik machen wollen, Herr Bundesminister, die dieses Land weiterbringt, dann hören Sie doch zum Beispiel auf den Föhrenbergkreis, dem man sicher nicht unterstellen kann, dass er mit Mitgliedern wie Peter Mitterbauer – im Moment zwar ruhend – und Bundesminister Bartenstein der sozialdemokratischen Bewegung nahesteht. Im „Kurier“ heißt es – ich zitiere hier wörtlich Helmut Karner –:
„Wir haben die neue Logik der Finanzwirtschaft nicht erkannt, die eine drastische Umverteilung der Einkommen in unserer Gesellschaft bewirkt. Die Börsen werden zu reinen Spekulationscasinos, die investierten Gelder schaffen wenig Arbeitsplätze. Unser Steuersystem belastet aber noch in erster Linie Arbeitskraft, Finanzeinkommen jedoch kaum.“
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