Bundesrat Stenographisches Protokoll 706. Sitzung / Seite 60

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

wenig gefrotzelt hat und das alles als ziemlich bourgeois und rückwärts gewandt dar­gestellt hat.

Ich freue mich sehr, dass nunmehr insgesamt ein Bewusstsein für unser kulturelles Erbe in allen Bereichen da ist. Wenn ich die Ortskerne anschaue, wenn ich die Stadt­zentren ansehe: Es ist vieles zu tun, und natürlich muss man immer mehr tun, aber unter den gegebenen Rahmenbedingungen ist hier, bezogen auf das ganze Land – wo immer man hinkommt, in Dörfer, Gemeinden, einzelne Schlösser, einzelne Burgen, Denkmäler –, Ungeheures in Bewegung geraten, worin sich das kulturelle Erbe Öster­reichs insgesamt sehr gut widerspiegelt und was vor allem als Teil selbst gelebter Iden­tität gesehen wird, mit ausgedehnter privater Initiative. Das ist etwas Großes!

Ein bemerkenswertes Spannungsverhältnis möchte ich noch kurz ansprechen. Teilwei­se werden auch, unter jeweils umgekehrten ideologischen Vorzeichen, Einflussnahmen seitens der Frau Ministerin auf die komplette Ausstellungspolitik gefordert. Die einen verlangen mehr Koordination und Kooperation, möglicherweise sogar dirigistische Festsetzungen darüber, wo wann welche Ausstellungen stattfinden sollen; die anderen verlangen überhaupt die Untersagung gewisser Ausstellungen – wenn ich etwa die Otto-Muehl-Diskussion betrachte –, und zwar aus durchaus sehr unterschiedlichen ideologischen Blickwinkeln.

Ich glaube feststellen zu können und zu dürfen, dass die Frau Bundesministerin mit ihrem Ministerium ihre Koordinierungsrolle sehr behutsam und verantwortungsbewusst, unter Beachtung der Autonomie und Vollrechtsfähigkeit der Museen, wahrnimmt. Koordinierungsgespräche sind möglich und notwendig, sie werden geführt und sind auch erfolgreich. Aber ich muss die umgekehrte Frage stellen: Was wäre der erste Ausruf, wenn Weisungen erteilt würden? – „Zensur! Unterdrückung der Freiheit der Kunst und Kultur!“ (Bundesrätin Schlaffer: ... noch Weisungen!)

Da sage ich mit einem Zitat einer Dame, die Ihnen hoffentlich wohl bekannt sein wird, Rosa Luxemburg, einer ganz große Vordenkerin: Freiheit ist immer die Freiheit der Andersdenkenden. – Auch das muss man sehen, auch damit muss man sich auseinan­der setzen, auch bei der Muehl-Geschichte – da hilft nichts! (Demonstrativer Beifall bei Bundesräten der Grünen.) Kunst und Kultur brauchen die Auseinandersetzung. Was heute zu international anerkannten Meisterwerken gehört, war zu seiner Entstehungs­zeit teilweise skandalös, höchst umstritten und angegriffen. Das soll auch so sein.

Das Zweite ist: Wir brauchen auch das fruchtbare Verhältnis des Wettbewerbs! Nicht dass von oben gesagt wird: diese Ausstellung müsst ihr machen, jene ihr!, sondern das hat gegenseitig ein befruchtendes Spannungsverhältnis und eine Dialektik. Das sollte auch beachtet werden.

Abschließend darf ich der Frau Bundesministerin aus steirischer Sicht auch für die vielen Initiativen im Zusammenhang mit unserem Bundesland danken: Admont, Mau­soleum Ferdinands II., Kalvarienberg, und auf Seite 160 – es ist die letzte Seite des Berichts – ist ein wichtiges technisches Denkmal dokumentiert: die Sendeanlage Graz-Dobl, die im Zweiten Weltkrieg einen der reichweitenstärksten Sender Europas beher­bergte, die heute als technisch-historisches Monument besucht werden kann und die zugleich dem ersten Privatradio Österreichs, der seit 1995 sendenden „Antenne Steier­mark“, Heimat gibt. Ein gelungenes Beispiel der Symbiose von Technikgeschichte mit moderner Medienentwicklung, ein gelungenes Beispiel kultureller Identität eines Teils in Österreich!

Aus allen diesen Gründen freue ich mich, mitteilen zu können, dass meine Fraktion dem Antrag, den Kulturbericht 2002 zur Kenntnis zu nehmen, sehr gerne zustimmen wird. (Beifall bei der ÖVP sowie des Bundesrates Hagen.)

 


12.17

 


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite