Bundesrat Stenographisches Protokoll 706. Sitzung / Seite 147

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haben. Ich traue ja der ÖVP viel zu, Herr Kollege Kritzinger, aber Löschtinte kommt eher in Agentenfilmen vor. (Zwischenruf des Bundesrates Kritzinger.)

Immerhin hat sich Herr Tomandl, der heute schon zitiert wurde, dann als Zeitzeuge zur Verfügung gestellt und hat gesagt: Genau das haben wir gewusst, genau das hatten wir auch einkalkuliert. – Ich befürchte, er wird die längste Zeit Experte der Regierung gewesen sein; aber das ist eine andere Geschichte.

Was in dieser ganzen Geschichte meiner Meinung nach jetzt wirklich bedauerlich ist, ist, wie sich die Sache in den letzten Wochen und Monaten entwickelt hat, dass man aus einem Leistungsanspruch ein Almosensystem gemacht hat und dass dann Lan­deshauptleute Menschen schön brav kniend antreten lassen, um Ihnen ... (Bundesrätin Roth-Halvax: Na geh, bitte! – Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Ich habe die Bilder im Fernsehen gesehen! Alte Leute mussten Schlange stehen, um von einem Landes­hauptmann 10 € zu bekommen, dafür ein Buckerl machen, danke sagen und brav sein. (Neuerliche Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Bitte, hören Sie auf! Diese Bilder haben wir aus Kärnten gesehen. (Bundesrat Hagen: ... in der Sonntagsmesse!)

Wenn ich mir den Sonntag ansehe, dann muss ich sagen: Vielleicht sind die Salzbur­ger etwas mündiger, zumindest haben sie die Tradition des Stierwaschers, und sie sind immer sehr sture Leute gewesen, die bei der Ehre irgendwann stopp gemacht haben; danach sieht das Wahlergebnis ganz offensichtlich auch aus.

Aber diese Art, bei einem Anspruch die Leute um Almosen antreten zu lassen, um ihnen dann jenes Geld in vermeintlich großzügiger Weise zu geben, das man ihnen vorher aus der Tasche genommen hat, wofür sie dann brav ein Buckerl machen dür­fen, ... (Bundesrat Dr. Böhm: Der Landeshauptmann schon, der schuldet es ja nicht!) Was ist mit dem Landeshauptmann? (Bundesrat Dr. Böhm: Der Landeshauptmann schon, der schuldet es ja nicht!) In diesem Fall hat er sich sogar gerühmt, dass er das selbst mitverhandelt hat. (Bundesrat Dr. Böhm: Die Steuerreform!) Er hat es auch nicht gelesen, er hat es sich offensichtlich nachher berichten lassen, was er verhandelt hat. (Neuerlicher Zwischenruf des Bundesrates Dr. Böhm.) Die Pensionserhöhung für das Jahr 2004 fiel derart gering aus, dass wir kaum über das Niveau des Jahres 2003 gekommen sind.

Schauen wir uns das einmal an! Da sehen wir: 4 Prozent realer Wertverlust, bei Netto­pensionen zirka 5,5 Prozent. Vergleichen wir das mit den Lebensmitteln – weil ein Red­ner vorhin so viele Lebensmittel genannt hat –, deren Preise alle um zirka 10 Prozent gestiegen sind! Wissen Sie, wie hoch eigentlich der reale Verlust für die Pensionisten und Pensionistinnen ist? Das kommt da noch hinzu!

Während junge Leute eher in Inflationsdämpfer investieren, zum Beispiel in eine DVD-Anlage oder in Digitalkameras oder in Computer oder in neue Autos, trifft es die Pen­sionisten und Pensionistinnen bei den Inflationstreibern, und das zeigt auch die Statis­tik, und das sind Gas, Heilbehelfe und Strom.

Meine Damen und Herren! Wenn Kollege Saller hier gemeint hat, dass die Ambulanz­gebühren abgeschafft wurden – das hat er als eine Leistung der Regierung geprie­sen –, dann komme ich mir vor wie bei George Orwell. Das ist eine Verdrehung der Tatsachen: Zuerst wird sie eingeführt, dann wird sie über einen ganz anderen Weg, über einen rechtlichen, abgeschafft, und dann heißt es wahrscheinlich: Wir haben die von Rot-Grün eingeführten Ambulanzgebühren, die so ungerecht waren, endlich abge­schafft! Das ist schon einmal in einem Wahlkampf so gewesen.

Meine Damen und Herren! Wir haben in Österreich keinen Generationenkonflikt, aber das Allerschlimmste ist – und das merken Sie, wenn Sie mit jungen Leuten reden –, dass die jungen Leute den Glauben an die Politik, an die soziale Sicherheit in Ihrer


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