Bundesrat Stenographisches Protokoll 710. Sitzung / Seite 142

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ÖVP, ich weiß jetzt nicht, ob Ihre Mannschaft sich erneuert – Frau Dr. Stenzel scheint derzeit der Sache nicht ganz einsichtig zu sein –, aber reden Sie mit den Kollegen dar­über, dass das, was wir hier als gemeinsame Entschließungen des Nationalrates und gemeinsame Entschließungen des Bundesrates zum Ausdruck bringen, natürlich auch im Europäischen Parlament irgendwie Fuß fassen sollte und dass es nicht zu solchen Vorfällen kommen sollte. 64 Pannen in Temelίn sind schlimm, aber sieben Pannen der gesamten ÖVP-Fraktion in Brüssel – innerhalb einer kürzeren Zeit – sind nicht minder schlimm! – Danke. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

17.59

 


Vizepräsident Mag. Harald Himmer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundes­rat Konecny. – Bitte, Herr Bundesrat. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

 


18.00

Bundesrat Albrecht Konecny (SPÖ, Wien): Sie werden es mit Fassung ertragen müssen. Es ist in der Demokratie so, dass man manchmal Dinge hören muss, die man nicht hören mag. Wenn Sie sich rechtzeitig daran gewöhnen, dann werden Sie sich in diesem Haus wohl fühlen können.

Ich möchte zunächst zwei Feststellungen treffen. Erstens: Der Herr Bundesminister hat Recht, ich habe inkorrekterweise von einem „Störfall“ gesprochen. Originellerweise kennt nämlich das Melker Protokoll dieses Vokabel nicht. Es kennt – und ich weiß ja nicht, in welcher Sprache das ursprünglich verhandelt wurde – einerseits „Ereignis­fälle“, das sind die angeblich harmlosen (Bundesrat Ing. Kampl: Bagatellen!), und es kennt „Ereignisse“. Ich nehme nicht an, dass die Autoren dieser Vereinbarung die Vermutung zugrunde gelegt haben, das sei der Normalbetrieb, denn den Begriff „Er­eignisse“ verwendet man umgangssprachlich eher nicht für außergewöhnliche und unter Umständen bedrohliche Fälle.

Natürlich haben Sie Recht, dass sich das an der internationalen Skala orientiert, aber ich darf den Damen und Herren – Sie, Herr Bundesminister, wissen das natürlich – die Mitteilung darüber, was beispielsweise ein „Ereignisfall“ ist, über den notfalls auch erst nach 72 Stunden zu berichten ist, als Zitat zur Verfügung stellen:

Der Verlust der Kontrolle über die radioaktive Quelle. – Bitte, wenn die Betreiber von Temelín, weil es hier vereinbart ist, die Kontrolle über den Reaktor verlieren, dann ha­ben sie 72 Stunden Zeit, uns das mitzuteilen. Ich habe gewisse Zweifel, ob sie nach 72 Stunden noch in der Lage sind, das mitzuteilen, wenn sie die Kontrolle über den Reaktor verloren haben – das nur zu der „harten“ und „entschlossenen“ Regelung, die das Melker Protokoll bietet. (Präsident Weiss übernimmt den Vorsitz.)

Aber ich habe auch noch eine zweite Anmerkung zu dieser Debatte zu machen. (Bun­desrat Dr. Kühnel: Das sind aber lange Anmerkungen heute! Aber bitte!) – Herr Kolle­ge, Sie sind wie ich im Lesen wissenschaftlicher Literatur durchaus geübt, und Sie wis­sen, dass die Anmerkungen meist länger sind als der Text. (Bundesrat Dr. Kühnel: ... beim Stifter in die Schule gegangen!)

Die Redner der ÖVP – und im begrenzten Umfang gilt das ein bisschen auch für Pro­fessor Böhm – haben mich durch mangelnde Flexibilität enttäuscht. Sie haben alle ihre vorbereiteten Reden mitgehabt, und diese haben sie dann, unabhängig von dem, was hier abgelaufen ist (Zwischenrufe des Bundesrates Bieringer) – also du brauchst das Schreien nicht vorzubereiten; das kannst du immer, das ist schon richtig –, vorgebracht und nicht darauf Rücksicht genommen, was für eine Anfrage wir gestellt und auf wel­che Art wir versucht haben, diese Debatte zu führen.

Dieses Haus hat einen Mangel in seiner Geschäftsordnung: Wir haben nur das Instru­ment der Dringlichen Anfrage, um ein höchst aktuelles Thema auf die Tagesordnung


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