Bundesrat Stenographisches Protokoll 711. Sitzung / Seite 48

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Nachrichten“ schreiben: „Das Ende der blauen Regierungsbeteiligung“. – Ja, das sagt deine (in Richtung des Bundesrates Bieringer) politische Leittageszeitung.

Oder: Der „Standard“ schreibt: „die erschöpften Personalreserven“. (Bundesrat Bierin­ger hält ein Exemplar der „Salzburger Volkszeitung“ in die Höhe.) – Das zahlt ihr euch selber. (Heiterkeit des Redners. – Beifall bei den Grünen und der SPÖ). Kollege Mödl­hammer ist dort Chefredakteur und du kommst mit der eigenen Parteizeitung her.

Aber gehen wir es einmal etwas anders an, Herr Kollege Bieringer! Die „Presse“ war – zugegeben, ich glaube, das finden wir so vor – jene Tageszeitung in Österreich, die von Anfang an das Experiment Schwarz-Blau journalistisch untermauert und gestützt hat – von Anfang an! Kollege Andreas Unterberger hat einen markanten Meilenstein nach dem anderen gesetzt.

Was schreibt er jetzt? – Andreas Unterberger schreibt über die FPÖ: „Eine Partei verlor ihren Sinn“. Und zur Regierungsumbildung: ein jammervolles Ergebnis. Zum Schluss meint die „Presse“, schreibt Kollege Unterberger: „Es gibt absolut nichts mehr, was die FPÖ noch zu einer politischen Kraft machen würde.“

Das schreibt jener Chefredakteur, der der schwarz-blauen Regierungskoalition über Monate und Jahre hindurch, durch alle Wind- und Wetterlagen, die Stange gehalten hat – journalistisch. Das ist ein vernichtendes Ergebnis. Man kann es natürlich auch mit anderen Worten sagen: Die Regierungsumbildung, die jetzt vollzogen ist, entspricht wahrscheinlich der Personalnot, die jedes provinzielle Familienunternehmen hat. Dar­auf hat sich die FPÖ mit der Bruder-Schwester-Gruppe, die letztlich das Sagen hat, reduziert.

Und was ich ganz besonders seltsam finde, wenn man an den Organisationsaufbau denkt, ist die derzeitige Situation der Hierarchie in der Regierung. Da gibt es einen Vizekanzler, der kein Parteichef ist. Dann gibt es einen Parteichef, der es aber nur auf Zeit ist. Unter diesem Parteichef gibt es die eigentliche Parteichefin, die aber nur Staatssekretärin ist. Es gibt noch den „Konsulenten“ – oder wie immer man ihn noch nennen will –, der zwar nicht in der Regierung ist, aber alle anderen herumführt.

Dieser ganze Mix zeigt ja – Regieren heißt auch Führen –: So kann man nicht führen, so kann man nicht regieren. Und so schaut letztlich das Ergebnis dieser Regierungs­umbildung und der Tätigkeit der FPÖ in der Regierung aus!

Kollege Bieringer! Sie haben glückselig gefragt: Wie ist das Wahlergebnis ausgefallen? Ja, Sie betrachten das immer nur von der Zuwaage für die ÖVP her. Jetzt haben Sie wieder mehr Kompetenzen, aber die FPÖ wird immer mehr Zuwaage und Zuwaage ... Langsam ist der Kuchen, der noch in Richtung ÖVP zu verteilen ist, immer weniger geworden, und irgendwann, Kollege Bieringer, wird diese Zuwaage Ihnen nicht mehr jenes Lächeln abgewinnen, das Sie jetzt noch haben. (Zwischenruf des Bundesrates Bieringer. – Bundesrat Konecny: Wie in Salzburg!)

Es wird bald nichts mehr da sein. Aber, Herr Kollege Böhm – ich nehme an, Sie wer­den der nächste Redner sein –, eines muss man schon sagen: Bei aller Krise, bei aller Regierungsohnmacht der FPÖ, in einem ist sie nach wie vor Spitze, nämlich dann, wenn es um Jobs geht, wenn es um Trostpflaster geht.

Wenn man verliert, wenn man eine EU-Wahl bis auf einen einzigen Abgeordneten ver­liert, dann muss die ÖVP, wenn sie mehr Kompetenzen hat, eben einen Job abgeben. Das gilt für eine der wichtigsten Positionen dieser Republik, dieses Hauses, nur damit die FPÖ ein Trostpflaster hat, damit sie nicht ganz in der Irritation wund läuft. Man hat gesagt: Gut, geben wir ihr den Rechnungshofpräsidenten, egal, wie geeignet die Per­son ist.

 


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