Bundesrat Stenographisches Protokoll 712. Sitzung / Seite 88

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gewesen. Aber auch im Außenausschuss des Europäischen Parlaments ist das im Eilzugstempo abgewickelt worden, sodass nicht einmal Abänderungsanträge gestellt werden konnten. – Das ist der erste Punkt, nämlich Fragen des Procedere.

Das Zweite ist der Inhalt: Es geht um diese Fourth-Generation-Plus-Abkommen, also um eine neue Generation von Verträgen, und ich möchte darauf aufmerksam machen, dass auch in diesem Zusammenhang, wie bei allen WTO-Gipfeln, zahlreiche Bürgerin­nen und Bürger gegenüber allzu großer Liberalisierung beziehungsweise Liberalisie­rungsbestrebungen ihre Stimme erheben. – Bei internationalen Konferenzen ist der NGO-Bereich und auch der Bereich der Zivilgesellschaft heute praktisch immer fixer Tagesordnungspunkt. Und derartige Liberalisierungen sind nun auch in diesem Ab­kommen im Übermaß zu finden, insbesondere eine weitgehendste Liberalisierung des Dienstleistungssektors.

Auch die öffentlichen Ausschreibungen werden zu hundert Prozent liberalisiert. Das sind die Grundlagen dieses Vertrages.

Noch dazu wurde ein Sustainability Impact Assessment von einer Luxemburger Firma durchgeführt, und zwar nur auf Grund von Statistiken, man hat aber weder mit chilenischen Organisationen noch mit Vertretern des chilenischen Volkes oder mit Interessenvertretungen dort gesprochen. Es handelt sich also quasi um eine Retorten­studie.

Meine Damen und Herren! Dieser Weg, Abkommen mit Staaten der Dritten Welt, mit Staaten Lateinamerikas, Afrikas oder Asiens zu schließen, entspricht nicht unseren Vorstellungen! Aus diesem Grund werden wir – und sei es nur symbolisch – diesem Abkommen unsere Zustimmung verweigern. Das wollte ich Ihnen mit dieser kurzen Rede begründen, damit Sie wissen, warum wir nein sagen. – Ich danke. (Beifall bei den Grünen.)

14.02

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundes­minister Dr. Ferrero-Waldner. – Bitte.

 


14.02

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner: Frau Präsidentin! Hoher Bundesrat! Lieber Herr Abgeordneter Schennach! Sie werden sich vorstellen können, dass ich auf Ihre Ausführungen antworten muss, denn ich finde es wirklich schade, dass wie schon Kollegin Lunacek im Nationalrat jetzt auch Sie hier im Bundesrat diesem Abkommen zwischen der EU und Chile nicht zustimmen.

Es handelt sich hiebei um ein gemischtes Abkommen, das heißt, es ist dies ein Ab­kommen, das von der Kommission ausverhandelt wird, das aber auch von allen Mitgliedstaaten natürlich gemeinsam approbiert beziehungsweise ratifiziert werden muss. Es geht hier um ein ganz wesentliches Abkommen noch dazu mit jenem Staat, der in Südamerika – wie ich meine – die größte Stabilität aufweist und der auch ganz bewusst zeigt, wie man heute wirtschaftlich die Anknüpfung an die Europäische Union durchführt und damit auch den Einfluss der Vereinigten Staaten zurückdrängt.

Sie haben nun einige Punkte genannt. Ich möchte Ihnen aber dazu sagen, dass man immer das Gesamtabkommen sehr genau studieren muss, um einschätzen zu können, wie wirklich gewichtet wurde. Hier geht es ausdrücklich um eine WTO-konforme und schrittweise Liberalisierung, wie sie auch durch das Verhandlungsmandat der Europäischen Kommission gefordert wurde.

Die Einhaltung der WTO-Bestimmungen wie zum Beispiel der Meistbegünstigungs­klausel oder auch die nationale Behandlung stellen die Ausgangsbasis für den


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