Bundesrat Stenographisches Protokoll 712. Sitzung / Seite 118

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Meine Damen und Herren! Jenseits dieser leicht sommerlichen Einleitungsworte kommen wir zu einem ganz zentralen Thema, von dem wir meinen, dass einmal mehr die Bundesregierung nicht nur ihre großspurigen Ankündigungen in gröblichster Weise falsifiziert, sondern auch in verantwortungsloser Art und Weise mit einem Element gespielt wird, das naturgemäß für die große Mehrheit der Österreicherinnen und Österreicher ein ganz zentrales Element ihrer Lebensplanung bedeutet.

Es mag Menschen geben – aber ich rede von einem sehr kleinem Prozentsatz –, die in der Lage sind, sich gewissermaßen aus den nicht existenznotwendigen Überschüssen ihrer aktuellen Einkünfte eine Altersversorgung aufzubauen, die es ihnen ermöglicht, die öffentlichen Systeme mitleidig zu betrachten: Für die große Mehrheit der Menschen ist das jedoch nicht der Fall. Sie sind im Alter, kleine Zubußen durchaus einkalkuliert, darauf angewiesen, dass der Sockel ihrer Altersversorgung aus jenen Pensions­systemen geleistet wird, in die sie ein Arbeitsleben lang einzahlen.

Es sind, so sagt eine aktuelle Umfrage, die das „FORMAT“ veröffentlicht hat, drei Viertel der Österreicher, die auf ein wirklich gleiches Pensionssystem hoffen oder dieses erwarten, was jedoch durch die Harmonisierungsbemühungen der Bundes­regierung nicht erreicht werden wird. Ich würde das an Ihrer Stelle als ein ziemlich eindeutiges Misstrauensvotum der österreichischen Bevölkerung betrachten. Und die Menschen haben guten Grund zu dieser Skepsis. Das, was Sie als Pensionsreform, als Zukunftssicherung des ASVG-Systems verkauft haben, war nichts anderes als ein Abkassieren bei denen, die in den nächsten Jahren in Pension gehen, und das, was Sie jetzt offensichtlich vorhaben, ist ein Abkassieren bei jenen, die später in Pension gehen werden.

Meine Damen und Herren von der Regierungsseite: Es geht mir nicht darum, Polemik zu üben. Die Sozialdemokratische Partei hat von allem Anfang an ihre Bereitschaft bekundet, an runden, eckigen oder sonstwie geformten Tischen teilzunehmen, die diese außerordentlich wichtige, aber ungeleugnet auch schwierige Frage lösen sollen. Von einem kurzem Besuch – ich würde einmal sagen: als Gastdelegierte – abgesehen hat es diese Regierung nicht für notwendig gehalten, die parlamentarische Opposition als Parteien in diesen Prozess einzubinden.

Es hat Verhandlungen, Gespräche, einen immer wieder fortgesetzten Runden Tisch mit den Sozialpartnern gegeben. Gar keine Frage. Dass dieser Runde Tisch auch auf Anforderung oder auf den Wunsch, den öffentlich gemachten Wunsch des damaligen Bundespräsidenten Klestil zustande kam, soll in diesem Zusammenhang nicht vergessen werden.

Ich habe über diese Verhandlungen kein Urteil abzugeben, was ihren Verlauf anlangt. Ich war nicht Mitglied dieser Runde, aber ich habe naturgemäß meine Informationen. Was sich dort von Regierungsseite abgespielt hat, hat schon in den Verhandlungen und erst recht in den öffentlichen Präsentationen, deren wir in den letzten Tagen teilhaftig wurden, klar gemacht, dass von Harmonisierung im engeren Sinn des Wortes nicht gesprochen werden kann. Die ASVG-Pensionisten, um das einmal volkstümlich zu sagen, sind vor zwei Jahren abgeräumt worden wie die berühmten Christbäume. Ein – um beim Bild des Chrisbaumes zu bleiben – all seines „Schmuckes“ beraubtes Pensionssystem für die unter 55-Jährigen sicherzustellen, war erkennbar die Absicht der Bundesregierung.

Es soll dabei nicht geleugnet werden, dass die Bundesregierung in dem einen oder anderen Fall auf Argumente der Sozialpartner, auch und gerade der Arbeitnehmer­vertreter, eingegangen ist. Ja, keine Frage. Es ist das Wesen solcher Gespräche, dass man Anregungen der Teilnehmer aber nicht nur freundlich anhört, sondern auch eine Umsetzung vorsieht. Sonst brauche ich keine Gespräche. Alles andere ist eine


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