Bundesrat Stenographisches Protokoll 712. Sitzung / Seite 210

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Wir möchten es gerne aufheben, aber die EU kann jedes nationale Gesetz jederzeit aussetzen, was auch – muss ich sagen – etwas Befremden auslöst, um einen ganz vornehmen Ausdruck zu gebrauchen. Ob ein Land dann die Brüsseler Verfügung beachtet, ist eine andere Sache. So haben Deutschland und Frankreich die Brüsseler Richtlinien – das Budget – verletzt. Der Gerichtshof hat das festgestellt, und die Reaktion der beiden Staaten war ein lächelndes Achselzucken, zustimmendes Nicken. Sie haben das dabei bewenden lassen.

Das Verhalten dieser beiden Staaten ist jedoch auch für Österreich interessant: Wie kann man Brüssel unter Druck setzen – um konkret auf diese Planung einzugehen –, dieses Geld schnell zur Verfügung zu stellen? Wir haben laut Gesetz eine fünfzig­pro­zentige Zusage für die Planung und 20 Prozent für den Bau des Tunnels zu erhalten.

Was mich aber entsetzt – und viele Tiroler ebenfalls –, das war, dass Brüssel in den letzten Tagen lautstark verlangt hat, dass man die Maut in Tirol herabsetzt. Die Maut in Tirol sei viel zu hoch, wurde gesagt. Dabei ist die Brenner Autobahn nicht nur die billigste Mautstrecke, um nach Süden oder Norden zu kommen, sondern auch die kürzeste, wenn man jetzt Lyon, Chiasso und den Brenner oder die Tauern vergleicht.

Jedenfalls: Wenn wir Geld von Brüssel verlangen, so muss man ihnen auch ein bisschen Beine machen, wenn ich das jetzt vornehm ausdrücken soll, denn Geld hat Brüssel. Der größte Nettoempfänger ist ja Spanien mit über 9 Milliarden €, dann Griechenland mit über 3 Milliarden. (Bundesrat Schennach: Mit Polen wird das anders!) Der größte Zahler ist Deutschland mit 5 Milliarden. Großbritannien zahlt über 2 Milliarden, genauso wie Italien, die Niederlande und Frankreich. Österreich zahlt 226 Millionen. (Bundesrat Schennach: Das ist eine alte Statistik!) – Ich muss das sagen, lieber Kollege Schennach, weil das auch wichtig ist! (Bundesrat Schennach: Die Beträge stimmen nicht!) Wir müssen ja auch einmal wissen, wie viel Geld nach Brüssel fließt. Unsere Beträge, die wir herausnehmen möchten, sind ganz geringfügig.

Jedenfalls genießt Großbritannien da eine gewaltige Ausnahmestellung. Es kann näm­lich einen Rabatt von 4 Milliarden entnehmen. – Daraus ersieht man, dass es sehr wohl Ausnahmen gibt. Man könnte sich auch einmal überlegen, ob es nicht, was die Maut anbelangt, auch Ausnahmen geben müsste, nämlich dass wir es so machen wie die Schweiz, die für das nächste Jahr schon angekündigt hat, eine gewaltige Mauterhöhung vornehmen zu wollen. (Bundesrat Schennach – Beifall spendend –: Bravo, Schweiz!)

Man müsste sich wirklich auch einmal so einen Schritt überlegen, denn große Na­tionen, die den Stabilitätspakt verletzen und gegen ihn verstoßen, werden verschont, und ein Land wie Österreich oder ein Land wie Tirol (allgemeine Heiterkeit) – jawohl, ein Bundesland wie Tirol; wir haben ja am meisten darunter zu leiden! – muss sich das gefallen lassen. Da werden unsere ganzen Vorhaben erstickt. Hier herrscht Unge­rechtigkeit. Ich wünsche mir, dass unsere Stimme in Brüssel mehr und stärker gehört wird. Ich danke vielmals, dass jetzt zumindest ein erster Schritt durch diese Gründung getan worden ist. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenruf bei der ÖVP.) – Wir werden uns das noch überlegen, ob wir das nicht machen. Das wäre zu überlegen.

22.25

 


Vizepräsident Mag. Georg Pehm: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Binna. – Bitte, Herr Bundesrat.

 


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