Bundesrat Stenographisches Protokoll 714. Sitzung / Seite 86

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wir als Volksanwaltschaft verlangen, ist nicht unbillig, meine sehr geehrten Damen und Herren!

Es ist die Entscheidung des Nationalrates und dieser Kammer, dass es Aus­gliederungen gibt, und viele dieser Ausgliederungen sind vernünftige, betriebswirt­schaftlich sogar gebotene Weiterentwicklungen der Staatsorganisation. Aber in vielen Bereichen werden Dienstleistungen erbracht, die nach wie vor monopolartigen Charakter haben, ja sogar öffentliche Aufgaben sind.

Wovon spreche ich? Wenn eine GIS, eine Gebühren-Info-Service-Stelle, als GesmbH im Eigentum des ORF die Rundfunkgebühren – eine öffentliche Abgabe! – einhebt, dann ist es doch überhaupt keine Frage, dass das eine öffentliche Aufgabe ist und daher natürlich der Kontrolle der Volksanwaltschaft unterliegen sollte. – Aber das ist nicht so auf Grund der Organisation! Es ist ein ausgegliederter Bereich, der unserer Kontrolle so lange unterliegt, solange tatsächlich die Verwaltung stattfindet, aber in Metabereichen sind wir auf die Freundlichkeit angewiesen, die uns die GIS erweist.

Anderes Beispiel: Die ÖBB sind ein Unternehmen, das sich dankenswerterweise bemüht, durch Beschleunigung auf verschiedenen Bahnstrecken für einen rascheren Verkehr zu sorgen. Nur, meine Damen und Herren, wenn an der tschechisch-öster­reichischen Grenze dieser beschleunigte Verkehr dazu führt, dass über Kilometer „schwarzer Schnee“ fällt, und zwar deswegen, weil dort auch Kohlenzüge geführt werden, von denen auf Grund der rascheren Transportgeschwindigkeit natürlich auch Kohlenstaub abgeweht wird – fetter, schmieriger Kohlenstaub –, dann ist die Volks­anwaltschaft nur zuständig, weil der Generaldirektor uns freundlicherweise antwortet.

Ich könnte Beispiele dieser Art noch und noch und noch bringen. Daher: Aus Sicht der Volksanwaltschaft ist es in höchstem Maße notwendig, dass eine Zuständigkeit für ausgegliederte Rechtsträger geschaffen wird, vor allem dann, wenn dieser ausge­gliederte Rechtsträger öffentliche Aufgaben erfüllt.

Ich danke vielmals für die Anregung des Kollegen Weiss. Wir werden darauf zurück­kommen, um sachliche Gespräche über einzelne Informationen in Ausschüssen zu ermöglichen.

Herr Kollege Schennach hat in diesem Zusammenhang dankenswerterweise darauf hingewiesen, dass wir seit drei Jahren einen Menschenrechtsbericht legen. Wir hätten mit Ihnen darüber gerne im Ausschuss diskutiert, aber wir müssen das alles in ein Kompendium geben, weil wir auf Grund der Geschäftsordnung nicht befugt sind, Teil­berichte beziehungsweise Sonderberichte zu erstatten. Ich meine, dass das nicht nur eine Beschneidung der Möglichkeiten der Volksanwaltschaft ist, sondern vor allem auch eine Beschneidung der Möglichkeiten beider Kammern dieses Hauses, nämlich eine Beschneidung der Möglichkeit, sachliche Diskussionen zu einzelnen Punkten zu führen.

Ich habe den Menschenrechtsbericht deswegen genannt, meine Damen und Herren, weil es Ihr, aber auch unser Problem ist, dass in Österreich Menschenrechtsprobleme weniger ernst genommen werden als in vielen anderen Staaten. Es hat bei uns schlicht und einfach nicht jenen nationalen Konsens gegeben, weil die Menschenrechte – las­sen Sie es mich umgangssprachlich sagen – von 1862 bis heute zizerlweise eingeführt worden sind. Daher kann auch in der Regel ein Österreicher die Menschenrechte nicht so herunterbeten, wie das jedes französische Kind, jedes amerikanische Kind oder auch jedes Kind in Großbritannien hinsichtlich der Bill of Rights tun kann.

Dahinter stecken aber nicht nur die Problematiken im Bildungswesen, sondern auch die Problematik, dass ein durchschnittlicher österreichischer Beamter auf dem Stand­punkt steht: Die Anwendung von Grund- und Freiheitsrechten ist etwas, was sich


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