Bundesrat Stenographisches Protokoll 714. Sitzung / Seite 103

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Ich meine auch, dass der vorliegende Gesetzesbeschluss kein Gesetz zum Schutz der Landwirte darstellt, sondern meiner Meinung nach werden lediglich Futtermittel- und Agrarkonzerne geschützt, damit diese sozusagen eine entsprechende Arbeitsbasis haben.

Meine Damen und Herren! In Österreich hat es Konsens zumindest immer dahin gehend gegeben, dass die Landwirtschaft und der Lebensmittelhandel gentechnikfrei bleiben müssen. Dieser Konsens wurde jetzt erstmals gebrochen.

Österreich nimmt im Bio-Landbau eine führende Stellung ein: Wir haben diesbezüglich einen Spitzenplatz in Europa, und ich weiß wirklich nicht, wie wir uns gegen diese Gentechnik-Sorten absichern sollen, und ich weiß auch nicht, wie Sie, Frau Bundesministerin, diese Schutzzonen in die Praxis umsetzen wollen, sind doch Bio-Betriebsflächen überall – und dazwischen wird dann vielleicht wieder gentechnisch verändertes Material angebaut. Daher bin ich der Ansicht beziehungsweise befürchte ich, dass wir diesbezüglich keine Schutzzonen zustande bringen werden.

Ich höre in der Diskussion hier immer wieder Worte wie „Sensibilität“ und „Bewusst­sein“. – Jawohl, das brauchen wir, und zwar gerade beim Thema Gentechnik! Es kann aber nicht so sein, dass davon zwar geredet, dann aber Gesetze mit gegenteiliger Wirkung beschlossen werden! Auch die EU können wir nicht für etwas verantwortlich machen, was wir hier in unserem Hause nicht regeln können! Auch auf die Bundes­länder können wir diese Probleme nicht abschieben und von diesen entsprechende Aktivitäten erwarten! Es gibt Bundesländer, die sich mit diesem Thema intensiv befassen: Das Land Kärnten zum Beispiel, auch das Bundesland Oberösterreich hat diesbezüglich Aktivitäten angekündigt.

Ich spreche ganz bewusst von „Ankündigung“, weil es seit dem Jahre 2002 einen Entwurf zu einem OÖ-Gentechnikverbotsgesetz gibt, der offensichtlich irgendwo in einer Schublade dahinschlummert. – Frau Kollegin Lichtenecker, da könnten Sie ein­mal nachschauen; das müsste doch noch zu finden sein! Es geht dabei um einen gemeinsamen Antrag von ÖVP und SPÖ. (Abg. Dr. Lichtenecker: Wir haben gute eigene Anträge, keine Sorge!) – Vielleicht suchen Sie ihn einmal; irgendwo wird er schon noch „herumgeistern“! Vielleicht haben Sie Glück dabei! (Heiterkeit bei den Grünen.) – Er würde immer noch in die Zeit passen!

Meine Damen und Herren! Wir von der SPÖ lehnen diese Änderungen im Gentechnik­gesetz ab, weil

erstens die notwendigen Sicherheits- und Schutzstandards nicht normiert wurden,

zweitens damit das Ende einer gentechnikfreien Landwirtschaft und damit auch das Ende von gentechnikfreien Lebensmitteln droht,

drittens die Wahlfreiheit von Konsumentinnen und Konsumenten nicht mehr gewähr­leistet ist,

viertens das vorliegende Gentechnikgesetz auch Förderungen für gentechnisch verän­dertes Material zulässt – was ich an sich ja schon fast pervers finde –,

wir fünftens befürchten, dass es durch den Wegfall des Gentechnik-Memorandums auf EU-Ebene zu neuen Zulassungen von gentechnisch veränderten Organismen kommen wird und sich so für die Landwirtschaft neue Probleme auftun werden.

Sechstens lehnen wir das ab, weil die Schutzbestimmungen des vorliegenden Antrages hinter den Normen der EU-Richtlinie 2001 liegen,

und letztendlich deshalb, meine Damen und Herren, weil 90 Prozent der Öster­reicherinnen und Österreicher gentechnisch veränderte Lebensmittel ablehnen. – Da-


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