Bundesrat Stenographisches Protokoll 714. Sitzung / Seite 144

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Auf der anderen Seite wird von der verunglückten Polizeireform in Wien gesprochen. Ein Bereich ist jedenfalls besser geworden – das hat Kollege Mag. Himmer vorhin kurz erwähnt –: Die Kriminalitätsrate in Wien ist zurückgegangen. Worauf ist das zurück­zuführen? – Es ist hier ein sehr effizientes Landeskriminalamt tätig. Herr Hofrat Mag. Horngacher ist ein hervorragender Dienststellenleiter. Er ist, soweit ich informiert bin, zufällig Sozialdemokrat. Es wird also im Bereich des Bundesministeriums für Inneres nicht so vorgegangen, wie es von Ihnen behauptet wird. Hofrat Horngacher wird von mir einzig und allein auf Grund seiner dienstlichen Qualität beurteilt. Und diese ist hervorragend. (Beifall bei der ÖVP und bei Bundesräten der Freiheitlichen.)

Wenn ich Ihr ständiges Jammern über das Steigen der Kriminalität höre, vor allem über das, was aus dem Osten kommt, dann möchte ich einmal die philosophische Frage an Sie richten: Soll man vielleicht wieder den Eisernen Vorhang an unserer Grenze errichten, damit diese Leute nicht kommen? Oder sollte man doch in gewissem Maße die Freizügigkeit lassen? – Wie alles im Leben hat etwas nicht nur Vorteile. Wir wissen aus dem deutschen Recht, Herr Professor (in Richtung des Bundesrates Dr. Böhm): „Guter Tropfen, böser Tropfen“. – So ist es halt im Leben.

Auf die diversen Ausschnitte aus Zeitungen, Qualitätszeitung und so weiter, will ich nicht eingehen, aber eines möchte ich grundsätzlich sagen: Wenn ich die Geschichte der Zweiten Republik betrachte, vom Jahre 1945 an, dann war von diesen 59 Jah­ren 51 Jahre lang das Bundesministerium für Inneres in sozialdemokratischen Händen. (Bundesrätin Mag. Neuwirth: Glücklicherweise!) Es hat in dieser Zeit auch Versuche gegeben, Gendarmerie und Polizei zu vereinen. Damals hatte Österreich nur sechs Millionen Einwohner, jetzt haben wir acht Millionen. Das ist also eine Maßnahme, im europäischen Kontext gesehen, die durchaus vernünftig wäre.

Der damalige Minister Olah ist damit gescheitert. Sie haben ihn ja damals sogar aus der Partei (Bundesrat Bieringer: Eliminiert!) hinausgetrieben – sagen wir es einmal so –; Minister Löschnak, der auf Grund seiner langen Tätigkeit im Bundeskanzleramt genau wusste, wie es mit den Stellenplänen aussieht, wollte das auch und ist dann offensichtlich ebenfalls zurückgeschreckt. (Präsidentin Haselbach übernimmt den Vorsitz.)

Ich glaube, dass da, wenn ich das jetzt menschlich betrachte, gegenüber Minister Strasser eine Portion Neid unterwegs ist (Ruf bei der ÖVP: Jawohl!), weil er diese Reform angegangen ist und jetzt mit einer beachtenswerten Durchhaltefähigkeit zu Ende führen wird. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP.)

Die umfangreichen Fragen hat der Herr Bundesminister mit beachtlicher Eloquenz beantwortet, darauf werde ich daher nicht mehr eingehen, aber eines möchte ich schon noch kurz erwähnen: In der Debatte vom Vorjahr wurden, soweit ich mich erinnern kann, von Wiener Abgeordneten tausend zusätzliche Polizisten gefordert. Wenn man das alles summiert, dann könnte man sagen, Herr Professor: Wir bewegen uns in Richtung Polizeistaat! Doch da stellt sich jetzt die Frage, ob die Grünen und die Sozialdemokraten das wirklich wollen (Bundesrätin Bachner: Nein!), nämlich den Polizeistaat, so à la Metternich: hinter jeder Laterne ein Polizist, hinter jedem Auto ein Polizist (anhaltende Zwischenrufe bei der SPÖ), der sich das Profil der Reifen anschaut, ob das in Ordnung ist, oder prüft, ob der Blinker funktioniert, und so weiter. (Heiterkeit bei der ÖVP.)

Das können wir alles machen, ja, aber eines muss ich schon sagen: Ein Polizeistaat ist etwas, was nicht schön ist! (Zwischenruf des Bundesrates Reisenberger.) Ich will nicht an das Dritte Reich erinnern. Da herrschten ähnliche Zustände. Also seien wir vor­sichtig mit solchen Forderungen!

 


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