Bundesrat Stenographisches Protokoll 715. Sitzung / Seite 82

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Auch bei der Umsetzung der EU-Richtlinien machen wir prinzipiell eher einen Strich weniger als einen Strich zu viel. Beim Emissionszertifikategesetz war zwar das von der EU kritisierte Stricherl nicht das Wichtigste, aber immerhin geht es doch um den Ex-post-Transfer, also darum, dass man die Zertifikate von stillgelegten Anlagen nur mehr auf neue Anlagen übertragen kann und nicht auf bereits bestehende Anlagen.

Trotz dieser Änderung ist für uns von einem vorbildlichen Gesetz keine Rede. Die gröbsten Mängel – Kollegin Lichtenecker hat sie zum Teil schon aufgezählt –: Die Reduktionsziele sind nicht gesetzlich verankert. Es gibt keine gesetzlichen Bestimmun­gen, die den internationalen Handel einschränken, und der vereinbarte Zuteilungsplan ist zu großzügig.

Ich frage mich: Warum sind die Reduktionsziele nicht verankert? Haben wir keine Re­duktionsziele? Ist es in Wirklichkeit gar nicht so, dass wir unsere eigenen Emissionen senken wollen? Auch die fehlende Einschränkung des internationalen Handels – das heißt, dass wir offensichtlich darauf bauen, dass wir unsere Kyoto-Ziele nur dadurch erreichen, dass wir heiße Luft mit teurem Geld erkaufen.

Im „Standard“ vom 19. November steht auch schon groß: „Heimische Kooperations­projekte mit Russland im Zuge der Kyoto-Ratifizierung“. Kurz zusammengefasst: Herr Stephan Schwarzer, Leiter der Abteilung für Umwelt- und Energiepolitik der Wirt­schaftskammer Österreich, freut sich sehr darüber, dass Russland jetzt das Kyoto-Protokoll unterschreiben will, weil wir dadurch rund „ein Drittel der sieben Millionen Tonnen CO2, die Österreich aus der Nutzung der flexiblen Kyoto-Mechanismen zur Reduzierung der Treibhausemissionen brauchen werde, ... über den Ankauf russischer Projekte“ erzielen könnten.

Das heißt, der Wirtschaftsminister und die Wirtschaftskammer dürften sich einig sein: Ziel ist nicht die Reduktion der Emissionen, sondern Ziel ist, dass wir unser Kyoto-Ziel vielleicht dadurch erreichen, dass wir Emissionen handeln, dass wir Abschlagszahlun­gen für unsere Emissionen zahlen.

Sie, Herr Umwelt- und Lebensminister – Lebensminister, das habe ich mir extra aufge­schrieben, damit ich es nicht vergesse, denn das hat mir in der letzten Sitzung so gut gefallen –, unterstützen offensichtlich dieses Ziel, dass Abschlagszahlungen in Kauf genommen werden, statt Umweltinvestitionen im eigenen Land zu tätigen.

Sie haben mit dem Wirtschaftsminister einen Zuteilungsplan ausgearbeitet, der es den 205 größten Emittenten erlaubt, mehr CO2 zu emittieren. Sie, Herr Minister, haben sich bei diesem Zuteilungsplan über den Tisch ziehen lassen, das ist jetzt auch durch zwei internationale Studien belegt. (Beifall der Bundesrätin Dr. Lichtenecker.) Die ersten internationalen Analysen der Zuteilungspläne stellen den Österreichern eher ein schlechtes Zeugnis aus.

Man hat alle Zuteilungspläne im Hinblick auf ihre Tauglichkeit zur Verwirklichung des Kyoto-Protokolls und der EU-Emissionshandelsrichtlinie überprüft. Die Ergebnisse sind: Wir sind europäischer Spitzenreiter – allerdings nur im großzügigen Zuteilen von Emissionszertifikaten. Letztendlich hat nur Portugal den Teilnehmern des Emissions­handels noch mehr Zertifikate zugebilligt.

Dafür ist Österreich im Kyoto-Prozess innerhalb der EU an die letzte Stelle gerutscht. Wir haben laut diesen Studien 18 Prozent Reduktionsbedarf bei den Treibhausgasen. Es steht auch dezidiert drinnen, dass Österreich nicht auf Kyoto-Kurs ist und dass die Maßnahmen des Nationalen Aktionsplans aus realistischer Sicht nicht reichen, um das Kyoto-Ziel zu erreichen.

 


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