Bundesrat Stenographisches Protokoll 715. Sitzung / Seite 103

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Ich werde mich in meinen Ausführungen nur auf das Pflegegeldgesetz beschränken. Sie haben schon darauf hingewiesen – Sie haben Recht –, dass innerhalb der letzten acht Jahre eine Geldentwertung von rund 15 Prozent eingetreten ist und wir jetzt eine Pflegegelderhöhung von 2 Prozent zu erwarten haben. Das wird gesetzlich vorgese­hen. Das ist zwar kein Anlass zum Jubeln, aber man kann wenigstens sagen: Besser diese 2 Prozent als gar nichts! Acht Jahre lang ist auf diesem Gebiet aus verschie­denen Gründen nichts geschehen. Jetzt kommen diese 2 Prozent; und wir haben auch die Zusage, dass im nächsten Jahr weitere 2 Prozent an Pflegegelderhöhung ausge­zahlt werden.

Welche Personenzahl ist davon betroffen? – In Österreich gibt es rund 300 000 Pflege­geldbezieher, die Zahl variiert, weil zum Glück manche der Pflegegeldbezieher, insbe­sondere wenn es junge Leute sind, nach der Genesung von einem Unfall wiederum voll einsatzfähig werden beziehungsweise unter eine niedrigere Pflegestufe fallen.

In Wien leben 70 000 Pflegegeldbezieher, für sie ist es natürlich bedauerlich, feststel­len zu müssen, dass sie nur mit wenig Geld bedacht werden. Denn: Was heißt 2 Pro­zent Erhöhung? – Die Pflegegeldbezieher in der niedrigsten Stufe bekommen rund 3 € im Monat – das muss man sich vorstellen! –, jene in der höchsten Stufe bekommen rund 30 € im Monat, also 10 Cent beziehungsweise einen Euro am Tag. Das ist natürlich ein Punkt, wo wir sagen müssen: Nehmen wir das Geld, es ist besser als nichts – aber Anlass zur Freude besteht nicht.

Wenn man bedenkt, dass in dieser Republik viel Geld ausgegeben wird, zum Beispiel für Asylwerber jährlich über 150 Millionen €, das Pflegegeld hingegen in der Höhe von 1,4 Milliarden € ist, dann kann man sagen: Es wäre doch schön, statt dass man Asylwerber mit unseren Geldern ausstattet, die Pflegegeldbezieher mit unserem Geld auszustatten.

Oder etwas, was den Herrn Finanzminister vielleicht mehr interessiert: Wenn man hört, dass Österreich jetzt einem der reichsten Länder der Erde – an Bodenschätzen, nicht an Lebensqualität –, nämlich dem Irak, 1,2 Milliarden € Schulden erlässt, dann wird man doch nachdenklich und sich die Frage stellen, warum man sich bei uns in Öster­reich so zurückhalten muss, den Bedürftigen etwas zu geben. Ständig heißt es, man soll den Gürtel enger schnallen, etwa bei den Pensionen, beim Pflegegeld, da und dort, und dann bekommt einer der an Bodenschätzen reichsten Staaten einen Schulden­nachlass von 1,2 Milliarden €. Das ist ein Staat, welcher in einem völkerrechtswidrigen Krieg durch die Amerikaner zusammengeschlagen worden ist; und jetzt sollen die Europäer – Pariser Abkommen – im Grunde genommen die Schulden, die die Iraker haben, auf null stellen.

Es wird also hier in Österreich etwas belastet: die Kontrollbank, die Banken, die Gewinne. Die Schulden verschwinden ja nicht, Herr Kollege! Die Schulden sind ja vor­handen, aber nicht mehr beim Irak, sondern irgendwo in Österreich, auf verschiedene Institutionen aufgeteilt. Ich verstehe manchmal wirklich nicht die Großzügigkeit von österreichischer Seite. Das bezeichne ich nicht als Nächstenliebe, sondern als „Fernstenliebe“, und die Nächstenliebe bleibt auf der Strecke, Herr Finanzminister!

Es wäre mir wirklich angenehm, einmal ... (Bundesrat Hösele: Wäre es Ihnen lieber, wenn der Saddam Hussein noch dort ist?!) – Der Kollege versteht die Situation viel­leicht nicht ganz. Auch die Schulden Madagaskars wurden gestrichen. Ich glaube, da ist der Betrag bedeutend geringer. Einer unserer größten Schuldner ist eben der Irak. Das wird jetzt großzügig gemacht werden. Ich finde das nicht sehr sinnvoll, speziell wenn man daran denkt, dass das Pflegegeld erst im Jahre 1993 eingeführt worden ist.

 


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