Bundesrat Stenographisches Protokoll 715. Sitzung / Seite 131

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Frau Bundesministerin! Was ich einfach nicht verstehe, das ist Folgendes: Der Herr Kollege Schnider sagt: Emanzipation für die Schule! Sie sagen: Mir ist die Emanzipa­tion an den Universitäten wichtig! (Bundesrat Dr. Schnider: Autonomie!) Warum geht man ständig mit Bestrafungsaktionen vor? Letztlich ist das doch – seien wir doch ehrlich! – eine Bestrafungsaktion. Die ÖH war im Widerstand gegen die Studien­gebühren, gegen ein wirtschaftshöriges Universitätsgesetz, gegen deutschtümelnde Uniräte, gegen das, was der Herr Kollege Böhm wieder einmal verteidigt hat, nämlich die ungleichen Stimmrechte. (Zwischenruf des Bundesrates Dr. Böhm.) Die ÖH war gegen die finanzielle Aushungerung an den Hochschulen und, und, und. Und jetzt zahlt sie die Zeche!

Man kann doch jungen Menschen nicht den Weg in die demokratische Mitbestimmung, ins Leben damit schmackhaft machen, indem man sie bestraft! Das ist eine reine Bestrafungsaktion! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Es ist meiner Meinung nach einer der unglaublichsten Etikettenschwindel, die versucht werden. Es wird hier ein, glaube ich, zehnfacher Etikettenschwindel begangen. Erstens wird es als die Emanzipation von Abgeordneten dargestellt – Gewieher! Zweitens wird es dargestellt als eine noch unmittelbarere, direktere, dem Subsidiaritätsprinzip, der Universitätsnähe verpflichteten Vertretung. Und, und, und.

Ich verstehe das nicht! Warum sagt man nicht einfach: ÖH, ihr passt uns nicht!? Dann kennen sich auch die jungen Leute aus. So müssen Sie ständig Etiketten mit der Zunge ablecken, damit die verschwinden. Das hat doch die Frau Bundesministerin nicht notwendig! Das hat auch die ÖVP nicht notwendig! Stellt euch doch den jungen Leuten und sagt: Wir wollen das so nicht! Wir wollen eure Aufmüpfigkeit nicht! Wir wollen eure Mündigkeit nicht! Wir wollen eure beschissene Mitbestimmung nicht! Wir haben unser Universitätssystem! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Zwischenruf bei der ÖVP.)

Na gut, vielleicht horchen andere zu, Herr Kollege! Manchmal wundert man sich bei den Beiträgen und denkt sich, das bewegt sich schon ein bisschen im Kabarett der Verteidigung. Es gibt aber bessere Kabarettisten, wie zum Beispiel Stermann & Grisse­mann, die meinen – das ist vielleicht für die ÖVP ein interessantes Modell, mehr Mitglieder zu bekommen –:

„Wir haben damals für den freien Unizugang gekämpft, was als utopisch galt. Aber wir haben es geschafft, weil wir daran glaubten. Wenn man Zustände nicht will, muss man dagegen auftreten. Alternative: Eintritt in die ÖVP und die Gremien verändern. Das ist der langweiligere Weg. Einmal im Jahr muss man dann aus den Liederbüchern sin­gen.“ – Das ist das eine.

Die Frau Jelinek, die vor kurzem den Literaturnobelpreis bekommen hat, meinte zu die­sem Vorhaben – ich zitiere –:

„Ich betrachte die Demokratisierung des Hochschulwesens auch als eine wichtige Schule der Demokratisierung der Gesellschaft. Die willkürliche Aushöhlung des bun­desweiten Studierendenparlaments, welche, aufgrund des Wegfalls der Direktwahl der Bundesvertretung, einen gefährlichen Schritt auf dem Weg der Schließung dieser Schule bedeuten würde, wäre für mich ein demokratiepolitischer Rückschritt und daher abzulehnen.“ – Zitatende.

Kollege Böhm ist immer auch daran sehr interessiert, was die Schweizer sagen. Horchen wir uns an, was die Schweizer sagen! Der Verband der Schweizer Studieren­denschaften sagt Folgendes – ich zitiere –:

„Mit dem Versuch, der Bundesvertretung der ÖH einen Großteil ihrer Ressourcen zu entziehen und zudem ihre Legitimität durch Abschaffung der Direktwahl zu unter-


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