BundesratStenographisches Protokoll716. Sitzung / Seite 22

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geringer, sondern in Wirklichkeit größer geworden. Eine der Schlüssel-Problem­stellun­gen und gleichzeitig eine der Chancen Europas, auf diesem Gebiet doch aufzuholen, ist die Etablierung eines homogenen Dienstleistungsbinnenmarktes. Das fordert dieser Kok-Bericht auch deutlich ein.

Aber nicht nur das: Der Bericht besagt, dass sich die Dienstleistungen im Binnenmarkt in den letzten Jahren grenzüberschreitend nicht ausgeweitet haben, sondern – und diese Analyse hat auch mich, ich sage es ganz offen, schockiert – dass die Zahl der grenzüberschreitenden innereuropäischen Dienstleistungen rückläufig war. So ge­sehen ist es verständlich, dass keine zweite Empfehlung beziehungsweise keine zweite Prioritätensetzung in diesem Kok-Bericht so deutlich ausfällt wie jene, in Sachen Dienstleistungen für einen Binnenmarkt zu sorgen, und zwar – ich zitiere aus dem Kok-Bericht, in dem sich dieser Terminus findet – „sofort“ und mit der zeitlichen Zielvorgabe 2005.

Es befindet sich jetzt nichts anderes auf dem Markt, denn es hat ja nur die Kommission das Vorschlagsrecht in Europa, als die Dienstleistungsrichtlinie. Es sind auch die 25 Mitgliedstaaten der Europäischen Union der Auffassung, dass es, abgesehen von allen möglichen Dingen, auf die ich gerne noch eingehe, vor allem wichtig ist, dass wir das Herkunftslandprinzip hochhalten. Das heißt, der Österreicher, der in Österreich eine Dienstleistung erbringen darf, darf das auch in Frankreich tun; der Deutsche, der in Deutschland eine Dienstleistung erbringen darf, darf das auch in Österreich tun. – Das ist das Herkunftslandprinzip.

Die Umsetzung dieses Prinzips muss in vielfältiger Hinsicht begleitet werden: Nicht nur etwa beim Glücksspielmonopol, sondern insbesondere im Bereich der Daseins­vorsorge und im Bereich der Sozial- und Gesundheitsdienstleistungen möchte und sollte man – auch aus meiner Sicht – Einschränkungen und Begrenzungen vorneh­men. Zum Beispiel sollte man klarstellen, dass zwar der Deutsche bei uns Dienst­leistungen erbringen darf, wenn er das auch in Deutschland tun darf, dass aber die Ausübung nach den in Österreich geltenden Ausübungsvorschriften erfolgen sollte. Außerdem muss eine Abgrenzung vorgenommen werden, was eine Berufszulassung, was eine Niederlassungszulassung und was Ausübung ist.

Es wird noch einiges Wasser die Donau, den Rhein oder sonst wo hinunterfließen, bis man zu einem Konsens kommt, aber es ist Ziel der 25 Mitgliedstaaten und der Kom­mission, das bis Ende 2005 umgesetzt zu haben. Da allerdings nicht alle Ziele der Europäischen Union tatsächlich zum richtigen Zeitpunkt umgesetzt sind, ist die Chance nicht gering, dass Österreich während seiner Präsidentschaft diese Dienst­leistungs­richtlinie zu Ende zu führen hat.

Das Ergebnis insgesamt soll und wird sein, dass die Wettbewerbsfähigkeit österreichi­scher Dienstleister erhöht wird. Ich habe schon davon gesprochen: Österreichs Welt­marktanteil in Sachen Dienstleistung ist deutlich höher als jener der Warenexporteure. Er beträgt zirka 2 Prozent. In diesem Bereich sind wir gut beziehungsweise sogar bestens, und dementsprechend sind die Chancen deutlich größer als die Risiken, und wir werden – soweit möglich im Konsens – versuchen, die Risiken für Österreichs Dienstleister, Unternehmer und auch Arbeitnehmer in diesem Bereich zu reduzieren.

Es braucht zum Beispiel eine deutliche Abgrenzung zur Entsenderichtlinie. – Für die Entsenderichtlinie gilt nicht das Herkunftslandprinzip, sondern das Ziellandprinzip. – Für uns und andere ist die Abgrenzung zwischen Dienstleistungsrichtlinie und Ent­senderichtlinie im jetzt vorliegenden Entwurf noch nicht ausreichend formuliert, aber daran wird gearbeitet.

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke.

 


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