BundesratStenographisches Protokoll716. Sitzung / Seite 25

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Ich gehe davon aus, dass es möglich ist, sowohl in Sachen soziale Kohäsion als auch in Sachen Nachhaltigkeit einen europäischen Weg zu gehen. Das sagen immer mehr Leute, und auch der Kok-Bericht und erfreulicherweise auch der deutsche Kommissär Verheugen, dessen erster Auftritt bei den Wettbewerbsministern letzte Woche außer­or­dentlich ermutigend war, meine Damen und Herren, sprechen diesbezüglich Klartext.

Es geht zunächst darum, die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken beziehungsweise in manchem wiederzuerlangen. Es geht darum, auf diese Weise Wachstum zu schaffen. Und Wachstum schafft Arbeitsplätze. – Es gibt niemanden mehr, der ernst zu nehmen ist, der diese Korrelation nicht sieht.

Das primäre Problem Europas ist jetzt nicht das eine oder andere, sondern sind – wie ich üblicherweise sage – 20 Millionen Arbeitsplätze, die uns fehlen. Wir haben etwa 20 Millionen Arbeitslose in Europa, laut einer heutigen oder gestrigen Aussendung der Kommission sind es etwa 19 Millionen. Wie hoch die Zahl genau ist, spielt keine Rolle, aber die Größenordnung stimmt leider Gottes.

Wenn wir dieses Problem erfolgreich in Angriff genommen haben, dann können und werden wir natürlich auch auf dem Weg weiterfahren, auch dieses Drei-Säulen-Modell Europas, also auch soziale Kohäsion und Nachhaltigkeit, zu beleben. Mir hilft jedoch die Zielvorstellung soziale Kohäsion überhaupt nichts, wenn 20 Millionen Arbeitslose zu alimentieren sind, denn erstens ist das sehr teuer, und zweitens wissen wir, dass das Schicksal der Arbeitslosigkeit kein sehr schönes ist. – Die Behandlung dieses Problems hat daher Priorität, und Verheugen hat diesbezüglich eine deutlichere Sprache gesprochen als die Kok-Kommission und der Bericht der Kok-Kommission.

Es ist dies auch die oberste Priorität von Barroso. Er wird letztlich als Vizepräsident der Kommission auch in einer Gesamtverantwortung für die Wettbewerbsfähigkeit Europas stehen, und diesbezüglich hat Günther Verheugen, mit dem ich zum Beispiel in Sachen Türkeimitgliedschaft nicht einer Meinung bin, meine absolute Unterstützung.

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Danke, Herr Bundesminister.

Nächste Zusatzfrage: Herr Bundesrat Kampl. – Bitte.

 


Bundesrat Ing. Siegfried Kampl (Freiheitliche, Kärnten): Geschätzter Herr Bundes­minister! Wir können feststellen, dass in der EU so manches in falsche Kanäle geht, und ich glaube, diesbezüglich hapert es ein bisschen an der Kontrolle.

Meine Zusatzfrage: Welche Defizite sehen Sie im derzeit vorliegenden Kommissions­entwurf insbesondere im Bereich der Kontrolle?

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Bitte, Herr Bundesminister.

 


Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Geschätzter Herr Bundesrat! Es ist außerordentlich bedauerlich, wenn immer wieder Skandale betref­fend missbräuchlich verwendete Förderungsmittel ans Tageslicht kommen. Vor allem für Österreich als Nettozahler – wir sind einer der sechs Nettozahlerstaaten – ist es bedauerlich, wenn wir zur Kenntnis nehmen müssen, dass Steuer-Euros der Öster­reicher zum Teil auch missbräuchlich verwendet werden.

Ich persönlich glaube, dass die Kontrolle besser geworden ist und dass innerhalb der Kommission klar ist, dass es auch politisch ein hohes Risiko für Kommissäre bezie­hungsweise die Kommission bedeutet, wenn Gelder in falsche Kanäle rinnen. Es ist allerdings Tatsache, dass es, wenn es um Strukturfondsmittel und sonstige Förder­mittel geht, immer wieder solche gibt, die Gelder in Anspruch nehmen wollen, auch wenn sie keinen Anspruch darauf haben.

 


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