BundesratStenographisches Protokoll716. Sitzung / Seite 81

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seines Lebensdurchschnittseinkommens als Pension erhalten. Mit Abschlägen ist ein Pensionsantritt ab 62 Jahren möglich. Mit dieser Harmonisierung, meine Damen und Herren, wird erstmals ein einheitliches System geschaffen, das alle unter 50-Jährigen in ein neues gemeinsames Pensionssystem einbezieht und die Pensionen für die künftigen Generationen sicherstellen soll.

Ich glaube aber nicht, dass dies funktionieren wird. Es wird de facto zu Pen­sionsverlusten kommen, auch wenn dies die Regierungsparteien nicht gerne hören. Auch wenn Sie, Herr Sozialminister Haupt, dem gerne entgegensetzen, der Gesamt­bezug werde wegen längerer Lebenszeit sogar steigen, sinkt die monatliche Pension und bringt für beinahe alle Verluste, meine Damen und Herren!

Dass es zu Reformen kommen muss, ist keine Frage. Die Frage ist nur, meine Damen und Herren, wie diese Verluste innerhalb der Bevölkerung aufgeteilt werden. Es wird zu neuen Ungerechtigkeiten kommen, die vor allem – wie bei solchen Reformen üblich – jene Menschen in unserem Land treffen, die ohnehin entweder als relativ arm gelten beziehungsweise bald zu dieser stetig wachsenden Gruppe zählen werden. Als relativ arm gilt, wer weniger als die Hälfte eines durchschnittlichen Einkommens zur Verfügung hat; in Österreich sind das rund 780 €. Darunter fallen mittlerweile in etwa 12 Prozent der österreichischen Bevölkerung.

Die Reformen seitens der Regierung verschärfen die Armut in Österreich. Es ist klar, dass etwa die Kombination Pensionsreduzierung einerseits und steigende Selbst­behalte für die Kranken andererseits dazu führen wird, dass beispielsweise des Öfte­ren auf einen Arztbesuch verzichtet werden muss, weil dieser für gewisse Teile der Bevölkerung einfach nicht mehr leistbar sein wird.

Auch die Folgen der Arbeitsmarktflexibilisierung, Zunahme von Teilzeitarbeit, Zunahme sonstiger prekärer Beschäftigungsverhältnisse, Zunahme von Kurzzeitarbeits­verhält­nissen, Lohndumping, scheinen in diesen Überlegungen genauso wenig inkludiert zu sein wie die Entwicklung des globalen Marktes und der Privatisierung des öffentlichen Sektors, meine Damen und Herren. Somit gehört diese Regierung absichtlich oder unabsichtlich zu den Wegbereitern des GATS in Österreich, denn jeder, der sich noch eine Zusatzpension leisten kann, wird dies auch tun. Der Staat verzichtet immer mehr auf seine ureigensten Verpflichtungen, und die eigentlichen öffentlichen Aufgaben werden für die Vermarktung preisgegeben.

Somit führt sich die Politik jedoch mittel- oder längerfristig ad absurdum. Mit derartigen neoliberalen Tendenzen, meine Damen und Herren, geht jedoch auch immer ein hoher Gewinn für wenige und ein dementsprechend hoher Verlust für viele einher. Die Armut steigt, soziale Konflikte sind vorprogrammiert.

Aber auch ohne weiterführende Vernetzungsgedanken oder die Miteinbeziehung der gegenwärtigen globalen Tendenzen krankt das Konzept der Pensionsharmonisierung bereits jetzt massiv. Es ist nicht klar, wie lange diese Pensionsharmonisierung über­haupt in Kraft bleiben kann, da die gesamten Rahmenbedingungen kaum berücksich­tigt wurden beziehungsweise auch eine Vorhersage schwer möglich ist.

Um nur ein kleines Beispiel zu nennen: Kommt es zur Änderung der Lebenserwartung, indem die ermittelte Lebenserwartung um durchschnittlich mehr als 3 Prozent vom vorher errechneten Wert abweicht, wird auch diese Pensionsharmonisierung korrigiert werden müssen. Das heißt: Änderung bei Anrechnung, Antrittsalter et cetera.

Auf Grund der Parallelrechnung von Alt- und Neurecht und der komplizierten Über­gangs- und Ausnahmeregelungen würde ein bürokratischer Mehraufwand entstehen, der für die Pensionsversicherungsanstalt in dieser Form nicht zumutbar ist. Ich habe auch noch nichts darüber gehört, wie sich die Regierung konkret den administrativen


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