Bundesrat Stenographisches Protokoll 717. Sitzung / Seite 137

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es immer bei diesem Schlagwort bleibt. Mich würde sehr interessieren, wie das in der Praxis aussehen würde.

Es gibt zur Lösung dieses Problems eigentlich zwei Varianten: Man führt die Aufgaben- und Ausgabenverantwortung (Bundesrat Schennach: Zusammen!) an die Wahrneh­mung der Einnahmenverantwortung heran. Das heißt dann in Österreich – das kann man wollen, aber man soll es auch sagen! –: kaum mehr Landesgesetzgebung und kaum mehr eigenständiges Agieren der Länder und Gemeinden, weil der Bund natürlich für den Großteil, für den weitaus überwiegenden Teil der Einnahmen die Ein­nahmenverantwortung trägt. (Bundesrat Dr. Böhm: Das stimmt!)

Das soll man so sagen, wenn man es will. Es ist aber auch die andere Variante denkbar, dass man die Einnahmenverantwortung an die Aufgaben- und Ausgaben­verantwortung anpasst. (Bundesrat Schennach: So ist es!) Dann soll man das sagen, man muss es aber auch wollen. (Bundesrat Schennach: Einnahmen sind die Res­sourcen!) Ich habe damit kein Problem, stelle aber nur fest, dass wir in Österreich ein Problem damit haben, dass, wenn noch Restbestände unterschiedlicher Steuerhoheit vorhanden sind, manche Politiker etwa ein Problem damit haben, dass gemeindeweise unterschiedliche Hundesteuer zu bezahlen ist. – Jedenfalls deuten parlamentarische Anfragen darauf hin.

Auch das Beispiel der Werbeabgabe geht ja in diese Richtung. Das war ursprünglich eine von den Ländern und Gemeinden unterschiedlich geregelte Abgabe. Das wollte man nicht. (Bundesrat Schennach: Ja!) Man ist dann zu einer Vereinheitlichung gekommen, will das jetzt aber auch abschaffen. Dafür gibt es medienpolitische Grün­de – das ist gar keine Frage –, aber das ist doch ein ganz gutes Beispiel dafür, wie wenig ernst es mit dem Argument ist, man wolle Einnahmenverantwortung der Länder und der Gemeinden mit der notwendigen Konsequenz, dass es eben unterschiedliche Steuersysteme in den einzelnen Ländern und Gemeinden gibt.

Man kann in der Schweiz beobachten, dass es funktioniert – und nicht schlecht funk­tioniert. Ich sehe aber null Bereitschaft bei denen, die das propagieren, das in Öster­reich auch haben zu wollen, ganz abgesehen davon, dass man auch kritisch hinter­fragen kann, ob das für Österreich passend wäre. (Bundesrat Schennach: Aber, Herr Kollege, was wir derzeit haben, ist ein Einnahmenzentralismus und ein Ausgabenföde­ralismus, und da müssen wir doch einmal durch!) – Es gibt noch eine weitere Facette! Es gibt auch Ausgabenföderalismus, der vom Bund veranlasst ist, nämlich überall dort, wo der Bund anschafft und die Länder und Gemeinden zahlen sollen. Das ist auch noch eine Sonderform dieses Spannungsverhältnisses. (Bundesrat Schennach: Das gibt es auch!)

Nun wieder zurück zum Finanzausgleichsgesetz. Die Änderung des Finanzausgleichs­gesetzes und der Nebengesetze fußt auf einer politischen Vereinbarung mit den Ländern und Gemeinden, dem traditionellen Finanzausgleichspaktum. Dass es im Bundesrat als der parlamentarisch verfassten Ländervertretung in der Bundesgesetz­gebung aber Stimmen gibt, die von diesem Konsens der Länder und Gemeinden in ihrem Abstimmungsverhalten nichts wissen wollen, ist schon einigermaßen erstaunlich. (Bundesrat Dr. Böhm: Unverständlich!)

Das gilt auch für die 15a-Vereinbarung über die Reform des Gesundheitswesens und den österreichischen Stabilitätspakt. Eine 15a-Vereinbarung kommt ja ihrem Wesen nach nur deshalb zustande, weil sich alle Länder mit dem Bund darauf verständigen und ihren Willen ausdrücken, diese Vereinbarung möge zustande kommen. – Sonst würden sie ja nicht unterschreiben. (Bundesrat Dr. Böhm: Natürlich!)

Daher ist es schon merkwürdig, wenn in jenem Organ, das für sich in Anspruch nimmt, die Interessen der Länder zu vertreten, gesagt wird, wir haben da eine andere Inter-


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