Bundesrat Stenographisches Protokoll 717. Sitzung / Seite 204

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halte fest, wir leben hier in Österreich in einer gefestigten Demokratie. Ich lasse mir Vergleiche mit der Ukraine und Kasachstan von niemandem bieten! Das sage ich ganz offen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.) Es kann in einer österreichischen Demokratie, in der es Mehrheitsverhältnisse gibt, nicht so sein, dass immer dann, wenn es Ihnen nicht gefällt, die Demokratie in Gefahr ist. (Bundesrat Reisenberger: Das machen ja Sie!) Das stimmt einfach nicht. Und das ist das, was ich für eine sehr intolerante und undemokratische Haltung halte. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Reisenberger: Warum machen Sie es dann?)

Im Mai finden Hochschülerschaftswahlen statt. Wenn das alles so ist, wird man sehen, wie das im Mai sein wird. Und wenn es der österreichischen Bevölkerung insgesamt nicht passt, dann ist eine Entscheidung im Jahr 2006 auch möglich. Ich bitte Sie, das in aller Deutlichkeit zur Kenntnis zu nehmen. (Beifall bei der ÖVP. – Bundesrat Konecny: Das habe ich nicht gesagt!) – Nur als Randbemerkung, aber das ist die entscheidende Frage.

Wie das in der Arbeiterkammer, in der Wirtschaftskammer und in der Land­wirtschafts­kammer ist, wieso das dort so furchtbar undemokratisch und hier eben anders ist, das haben Sie mir in keiner Weise erklären können. Ich glaube, die Arbeiterkammer war ja aus Ihrer Sicht außerordentlich bewährt. Wenn ich mich richtig entsinne, hat es Jahrzehnte gegeben, in denen der Wiener Arbeiterkammerpräsident ex offo Arbeiter­kammerpräsident Österreichs gewesen ist und nicht einmal indirekt gewählt werden musste. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Herr Professor, ich habe mich eigentlich nur zu Wort gemeldet, weil ich mich auch mit dem Thema der Genese des Bundesrates beschäftigt habe. Zuerst eine kurze Anmer­kung zum Minderheitenschutz. Ich weiß nicht, welche Minderheit wie geschützt werden soll. Ich bin der Meinung, dass Minderheiten in der Demokratie respektiert und ge­schützt werden sollen. Die Verfassung sieht auch im Zusammenhang mit dem Bun­desrat eine entsprechende Möglichkeit in den Ländern vor. Wenn ich mich richtig entsinne, dann wären aus dem Bundesland Vorarlberg, wenn man das d’Hondt’sche System angewandt hätte, drei ÖVP-Bundesräte hier anwesend; so haben wir durch den Minderheitenschutz die Freude, Herrn Ing. Einwallner hier zu hören. (Beifall bei der ÖVP sowie demonstrativer Beifall bei der SPÖ und den Grünen.) Und so wird es ja wohl auch möglich sein, Minderheiten in der Österreichischen Hochschülerschaft hören zu dürfen, auch wenn man das eine oder andere Argument nicht so gerne hören möchte. (Bundesrat Konecny: Nicht wenn sie eine Mehrheit sind!)

Herr Professor Konecny! Jetzt zur Ende September 1920 beschlossenen österreichi­schen Bundesverfassung und zum Kompromiss bezüglich des Bundesrates. Sie haben völlig richtig dargestellt, dass es ein Kompromiss ist und dass in einer Demokratie zwei Dinge wichtig sind: einerseits eine Kompromissbereitschaft und andererseits ein demo­kratisch legitimierter Mehrheitsbeschluss. Beides hat es auch in diesem Fall gegeben.

Jetzt aber zur Bundesratsdebatte. Es ist nicht nur die Angst vor dem großen roten Wien gewesen, welche die Konstruktion dieses Bundesrates in der Art gebracht hat, es war das genaue Gegenteil. Dr. Danneberg hat in seiner letzten Rede, als die Ver­fassung beschlossen wurde – ich habe sie leider nicht mehr mitbringen können, weil ich Ihnen aufmerksam lauschen wollte, ich habe sie in meinem Büro liegen –, gesagt: Erstens waren wir gegen einen Bundesrat, zweitens habt ihr, die zwei anderen politi­schen Kräfte, vier Entwürfe gebracht, mit denen ihr den Bundesrat viel zu stark machen wolltet. Ihr wolltet nämlich Wien dominieren und domestizieren. Das wollen wir nicht. Jetzt haben wir einen Bundesrat, der Gott sei Dank so zusammengesetzt ist und solche Rechte hat, dass das nicht passieren kann.

 


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