Bundesrat Stenographisches Protokoll 717. Sitzung / Seite 203

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Herr Kollege! Ja, der Wiener Gemeinderat ist ein Musterbeispiel an Demokratie. Es wurde gerade in Wien vor einiger Zeit eine Geschäftsordnungsreform durchgeführt, die Ihre Rechte, also die Rechte der Oppositionsfraktionen – und das ist eine Funktion, die Sie im Wiener Rathaus ja ziemlich dauerhaft innehaben –, wesentlich gestärkt hat. (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Kollege! Die Fraktionsführung des Wiener VP-Gemeinderatsklubs ist nicht in die­ses Lachen eingefallen, sondern in den rauschenden Applaus, den sich der Wiener Gemeinderat oder Landtag nach der Beschlussfassung dieser Geschäftsordnungs­reform selbst dargebracht hat. Sie müssen mit dem Kollegen Tschirf ausdiskutieren, ob da zu applaudieren oder zu lachen ist, aber Sie brauchen Ihre eigene Schwäche in Wien, Herr Kollege, nicht als undemokratisch ... (Bundesrat Mag. Himmer: Das ist eine Schwäche?!) – Entschuldigen Sie, Sie haben so viel Einfluss ... (Bundesrat Mag. Him­mer: Ist das auf Bundesebene Ihre Schwäche? Haben Sie sich das schon überlegt?) – Natürlich ist es unsere Schwäche, aber das ist das grundsätzliche Missverständnis. Ich bin hier nicht in Opposition, weil Sie böse sind, sondern weil meine Partei zu wenig Unterstützung gewonnen hat. Sie sitzen in Wien in der Rue de la Gack, weil Sie zu wenig Unterstützung bekommen haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Das Problem, über das wir diskutieren, besteht doch darin, dass eine Mehrheit mit Tricks zur Minderheit gemacht wird. In der Hochschülerschaft stimmt das schlicht und einfach! Das ist der Inhalt dieses Gesetzes, und unser Verdacht ist, dass es auch der Sinn dieses Gesetzes ist. Eine Wahlrechtsreform in Wien, die der ÖVP eine absolute Mehrheit bringt, ist wahrscheinlich eine schwierige Hausaufgabe, aber bei einer Über­gewichtung der Bezirke Währing, Döbling und Hietzing mit Mühe machbar. (Heiterkeit bei der SPÖ und den Grünen. – Zwischenruf des Bundesrates Mag. Himmer.) – Bei der Josefstadt weiß ich es nicht, aber das hilft der ÖVP nicht mehr. Das, was man noch übergewichten kann, ist inzwischen ziemlich wenig. Nicht einmal bei Währing ist das mehr so sicher. Aber wie gesagt, es ist eine schwierige Hausaufgabe.

Es ist auch diese Sache eine schwierige Hausaufgabe gewesen, aber die Frau Minis­terin hat sie gelöst. Vielleicht kann die Wiener ÖVP sie mit einem Werkvertrag als Expertin einsetzen. Sehen Sie, das ist – ich sage es noch einmal – der fundamentale Unterschied zwischen uns. Wir sitzen hier in Opposition, wir kritisieren die Regierung, wahrscheinlich das eine oder andere Mal zu Unrecht. Wir haben jene Stärke, die uns zusteht. Wenn jeder in diesem Land, auch die Studenten, die studentischen Gruppie­rungen jene Stärke haben, die ihnen zusteht, dann werden die sozialdemokratischen und die grünen Studenten eine Niederlage, die man auch erleiden kann, selbstver­ständlich zur Kenntnis nehmen. Aber eine Niederlage der Rechten mit einem Gesetz zu korrigieren, das ist etwas, was moralisch und politisch unzulässig ist. Und so betropetzt, wie Sie jetzt dreinschauen, sollten auch die Kollegen dreinschauen, die dieses Gesetz verteidigt haben. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

10.25

 


Präsidentin Anna Elisabeth Haselbach: Zu Wort gemeldet ist Herr Bundesrat Hösele. – Bitte.

 


10.25

Bundesrat Herwig Hösele (ÖVP, Steiermark): Frau Präsidentin! Frau Bundes­ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ein bisschen betropetzt bin ich ehrlich gestanden, denn ich muss erstens schon sagen: Sie stellen sich hier her und erklären uns, dass Sie der Einzige sind, der uns erklären kann, was Demokratie ist. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Zweitens stelle ich fest, dass die Quantität der Redeminuten, auch wenn sie noch so besonders girlandenvoll gezogen werden, die Qualität der Argumente nicht erhöht. Ich


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