Bundesrat Stenographisches Protokoll 724. Sitzung / Seite 112

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Begutachtungsverfahren im Einvernehmen mit den Behindertenverbänden auch durch den Ministerrat zu bringen. (Bundesrätin Lueger: Was drei Mal verschoben wurde!) – Wissen Sie, Frau Kollegin, ich habe mir aus Ihrer Wortmeldung einiges notiert und muss sagen: Entweder Sie haben das Gesetz nicht gelesen oder Sie kennen sich dabei nicht aus. (Rufe bei der ÖVP: Ha! Ha! – Zwischenrufe bei der SPÖ. – Bundesrat Gruber: Eine derart überhebliche, präpotente Art!)

Frau Bundesrätin! Das Behindertengleichstellungsgesetz, das wir geschaffen haben, von dem Sie gesagt haben, dass nach dem Begutachtungsverfahren sämtliche Kanten und Ecken weggenommen worden sind, ist genau jener Kompromiss, um über die Latte zu kommen.

Als Sozialpolitiker ist es immer ein Bestreben, das Beste für Menschen mit Behin­derung zu erreichen. Man hat aber auch Verhandlungspartner und muss den öffent­lichen Bereich wie auch den privaten Bereich berücksichtigen. Wenn Sie angeschnitten haben, dass die Zumutbarkeitsbestimmungen sehr schwammig formuliert sind und so weiter, sage ich: Das müssen Sie erst einmal über die Latte bringen.

Ich sage Ihnen jetzt Folgendes: Sie haben gesagt, der berufliche Teil wird nicht berück­sichtigt, vor allem bei der Diskriminierung nicht. – Das ist nicht so. Wir berücksichtigen im Behindertengleichstellungsgesetz nicht nur den beruflichen Bereich, sondern auch den gesellschaftspolitischen Bereich und der geht weit über die EU-Richtlinie hinaus, weil die EU-Richtlinie das Ganze praktisch nur in der Beschäftigung und im Beruf berücksichtigt hat.

Im Vergleich zu anderen Staaten kann sich dieses Behindertengleichstellungsgesetz, das eines der umfangreichsten ist, international und auch in Europa sehen lassen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Im Vergleich zum deutschen Behinderten­gleichstel­lungsgesetz, das ja seit 1. Mai 2002 in Kraft ist ... (Bundesrat Schennach: Vergleichen Sie es einmal mit dem finnischen!) Das Gesetz dort, Herr Bundesrat Schennach, kennt keine Rechtsfolgen und kennt keine Zumutbarkeitsprüfung. Es gilt nur für die öffent­liche Verwaltung, nicht für den privaten Bereich, und der Diskriminierungsschutz gilt nur für die Behinderten selbst, nicht für die Angehörigen, was bei uns sehr wohl der Fall ist. Sie müssten eigentlich stolz sein, dass wir ein wesentlich besseres Gesetz geschaffen haben als unsere Nachbarn, und hier mit stimmen!

Ebenso gibt es in den vergleichbaren Gesetzen in der Schweiz, in Frankreich, Ungarn und Belgien keinen Angehörigenschutz. In Frankreich sind keine Rechtsfolgen vorge­sehen, und in Amerika, das ja seit 1992 ein Behindertengleichstellungsgesetz hat, sind Übergangsbestimmungen – die Sie kritisiert haben – bis 2020 vorgesehen. (Bundesrat Kraml: Was ist Amerika? Das ist ja nicht unser Vorbild!)

Schauen Sie! In der Deutschland haben die Grünen die Verantwortung, wieso machen sie kein besseres Gesetz? Hier wird es kritisiert. – Wir wollen keine deutschen Verhältnisse, wir wollen österreichische!

Wir haben hier in Österreich ein umfassendes Diskriminierungsverbot für alle Lebens­bereiche, das schließt die Bundesverwaltung, die Privatwirtschaft, öffentliche und private Arbeitsverhältnisse und Rechtsgeschäfte mit ein. Europaweit ist das einzigartig. Das gibt es sonst nicht.

Auch für Angehörige ist das von wesentlicher Bedeutung, für Angehörige in erster Linie. (Zwischenruf der Bundesrätin Lueger.) – Frau Kollegin! Da müssen Sie das Gesetz schon genau lesen! (Bundesrätin Lueger: Ich habe es genau gelesen!)

 


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