Bundesrat Stenographisches Protokoll 724. Sitzung / Seite 122

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Die Nachbarn sind im vereinfachten Genehmigungsverfahren anzuhören, ihre Ein­wände und Bedenken sind von der Behörde unter Beiziehung der maßgeblichen Sachverständigen kritisch zu prüfen. Es gilt der Grundsatz der amtswegigen Wahr­heitsforschung. Zutreffendenfalls darf die Anlage von der Behörde nicht genehmigt werden; und wir wissen, dass es die Amtshaftung gibt. Unabhängig von den gewerbe­behördlichen Genehmigungsverfahren kann natürlich auch ein Nachbar jedenfalls erfolgreich gegen eine im vereinfachten Verfahren genehmigte Betriebsanlage zivil­recht­lich vorgehen, wenn es durch den Betrieb der Anlage zu ortsunüblichen und unzumutbaren Belästigungen kommt. Für mich ist es wichtig, dass die Behörden ihre knappen Kapazitäten jetzt effizienter auf größere Anlagen mit wesentlich mehr Umwelt­auswirkungen konzentrieren können.

Für unser Land als Wirtschaftsstandort hat der schnellere Zugang zur Genehmigung von Betriebsanlagen eine eminente Bedeutung, und es ist dies eine Erleichterung. Die Verfahrensdauer ist ein weicher Faktor im Standortwettbewerb; wir wissen, dass es härtere Standortfaktoren wie die Lohn- und Energiekosten oder die Gewinn­be­steuerung gibt. Da aber die Gestaltungsmöglichkeiten bei den harten Faktoren aus Budgetgründen sowie aus EU-rechtlichen Gründen beschränkt sind, hat es durchaus einen Sinn, die weichen Faktoren besonders in den Blick zu nehmen, denn damit kann bei der Verfahrensdauer ein Defizit aufgeholt und damit ein Vorteil im Standort­wettbewerb erzielt werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir wissen, dass gerade Österreich mit seinen Umweltstandards vorbildlich ist. Aber wir dürfen nicht vergessen, dass Luft keine Grenzen kennt und dass es wichtig ist, dass unsere Nachbarländer die Stan­dards, wie wir sie haben, auch einmal erreichen. Ich würde mich sehr freuen, wenn die NGOs ihren Blick mehr auf unsere Nachbarländer richten würden. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

15.54


Vizepräsident Jürgen Weiss: Ich erteile nunmehr Herrn Bundesminister Dr. Barten­stein das Wort.

 


15.54.53

Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit Dr. Martin Bartenstein: Herr Präsident! Meine Damen und Herren des Hohen Bundesrates! In aller Kürze, weil insbesondere Frau Bundesrätin Zwazl schon das Notwendige zu dieser Novellierung der Gewerbe­ordnung gesagt hat.

Es ist der Terminus technicus nun einmal leider Gottes das „vereinfachte Verfahren“, wenngleich es unter anderem dazu führen soll, dass die Verfahren schneller abge­wickelt werden. Das soll man nicht gering schätzen: Wir haben Daten aus der Bun­deshauptstadt Wien, de facto aus dem ersten Halbjahr von Jänner bis Mai, wonach die ordentlichen Genehmigungsverfahren durchschnittlich 55 Tage, die vereinfachten Genehmigungsverfahren durchschnittlich 42 Tage gedauert haben. Das ergibt doch ein Zeitdelta von rund zwei Wochen, also etwas nicht Unwesentliches; wobei ich hinzufüge: Auch 55 Tage kommt mir durchaus vernünftig vor. Dies zeigt, dass wir insgesamt in Österreich die Verfahren deutlich verbessert, beschleunigt und entbüro­kratisiert haben, ohne dabei Nachbarrechte oder Umweltanliegen außer Acht zu lassen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Über die 800 Quadratmeter haben wir uns bereits in den Ausschüssen des Nationalrates und dann auch im Plenum trefflich auseinander gesetzt. Ich verstehe es nicht ganz, werte Kollegen von der sozial­demokratischen Fraktion, warum Sie bei 600 Quadratmetern hätten mitgehen können, es dann aber bei 800 Quadratmetern nicht tun. Wir halten 600 Quadratmeter für gut,


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