Ich wage selbst zum Beispiel nicht zu beurteilen, zu richten und rechten über gewisse Gefühle, die Menschen haben. Ich kann es auch nicht genau beurteilen, aber es hat sicher auch sehr, sehr viele Menschen gegeben, die aus ganz anderen Gründen gewisse Dinge getan haben und nicht desertiert sind. Ich sage das auch einmal so, sage aber als Zweites dazu: Ich habe das ungemein große Privileg – viele andere werden das auch in sehr persönlichen Bereichen haben –, in den letzten Jahrzehnten einen Menschen als väterlichen Freund zu haben, der nach landläufigen Vorstellungen ganz sicher ein Deserteur ist: Fritz Molden.
Fritz Molden, ein Mann, der ungemein viel für das neue Österreich getan hat, der aber auf der anderen Seite auch die Bedeutung der Versöhnung und die Bedeutung der Gefühle und Sensibilitäten zum Ausdruck gebracht hat. Ich glaube, dass mit diesen insgesamt vier Gesetzen – auch mit den beiden, denen Sie nicht zustimmen können – letztlich auch hier der Versuch einer allgemeinen Versöhnung und einer allgemeinen Geste zum Ausdruck gebracht wird.
Da bin ich ja wieder ganz bei Ihnen: Ich glaube, es gibt drei Punkte, die im Gedankenjahr 2005 sehr wichtig sind, auch in Fortsetzung dessen, was in den letzten Jahren an Aufarbeitungsversuchen unternommen wurde – ich spreche das hier auch an –, beginnend bei Bundeskanzler Vranitzky mit seiner Erklärung, aber insbesondere auch unter der Regierung Schüssel mit dem Versöhnungsfonds und der Tatsache, dass dort an der Spitze ein Mann steht, der ebenfalls eine Symbolfigur für dieses neue Österreich ist, nämlich Ludwig Steiner.
Erstens: ehrliche Auseinandersetzung mit unserer Geschichte, mit Licht- und Schattenseiten, aber ohne Selbstgerechtigkeit und ohne den Versuch der Instrumentalisierung, mit großer Sensibilität und Sorgfalt.
Zweitens: wenigstens symbolische Akte und Gesten des Dankes, des Respekts, der Achtung und des Mitgefühls für Menschen zu setzen, die schwierigste Lebenssituationen meisterten beziehungsweise denen gröbstes Unrecht widerfahren ist.
Drittens: Wir alle sind aufgerufen, einen
Beitrag für eine positive Zukunftsentwicklung zu leisten, denn die Formel „Nie
mehr wieder!“ kann ja nur bedeuten, auch jedweder Versuchung totalitärer
fundamentalistischer Entwicklungen im
heutigen Gewande entgegenzutreten, jeder
Form der Intoleranz und der Menschenverachtung schon in den Anfängen
entschieden zu wehren und ein Klima der Toleranz auf den Grundfesten von
Menschenrechten, Menschenwürdigkeit, Menschenwürde und Rechtsstaatlichkeit
aktiv zu fördern.
Diese
drei Punkte erscheinen mir sehr wichtig. Der zweite Punkt sind, wie gesagt, wenigstens
symbolische Gesten und Akte. Ich habe auch auf den Versöhnungsfonds und auf
diese Dinge hingewiesen.
Im Anerkennungsgesetz, das ganz allgemein, sehr speziell, aber auch
ausgesprochen auf jene Gruppen abzielt, die in der großen Diskussion nicht so
oft genannt werden, die uns aber auch sehr wichtig sind – die so
genannten, wie es in dieser furchtbaren Diktion dieser unsäglichen Zeit
geheißen hat, Asozialen, die so genannten sexuell anders Orientierten,
insbesondere auch Roma und Sinti –, sind alle angesprochen, auch die
NS-Militärjustiz-Unrechtsurteile – damit ist auch implizit die andere
Sache ganz eindeutig angesprochen. Ich glaube, da sollte man insgesamt den
breitest möglichen Konsens suchen. Insofern wäre es schön gewesen, wenn bei
allen vier Gesetzen alle zugestimmt hätten, wenn ein gemeinsamer Akt gesetzt worden wäre.
Eine ganz kleine Geschichte, wieso ich trotzdem ein gewisses Problem gesehen habe – das ist aber eine rein formal-juridische Sache –: Im Anerkennungsgesetz heißt es nämlich im § 2 des Artikels I: „Der Nationalrat bezeugt“ den Betroffenen Achtung
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