Bundesrat Stenographisches Protokoll 724. Sitzung / Seite 173

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Gegenteil! Einen Tag vor der Verkündung des EuGH-Urteils sagte die Bundes­minis­terin noch, sie hielte nichts davon, Gesetze vorzubereiten, nur weil vielleicht etwas passieren könnte.

Interessant, denn es war schon möglich, ein Gutachten zur Reform des öster­reichischen Hochschulzugangs in Auftrag zu geben, das bereits im Juni – also durch­aus zeitgerecht vor der Urteilsverkündung – vorlag. Und es war auch möglich – zumin­dest nach jener Auskunft, die wir vorgestern im Ausschuss bekommen haben –, dass das Gesetz mit der Rektorenkonferenz abgestimmt wird.

Wenn also eine intensive Besprechung mit der Rektorenkonferenz und ein 20-seitiges Gutachten zum selben Thema möglich sind, dann hätte doch auch dieser einseitige Gesetzentwurf, den es letztendlich gab, etwas früher vorliegen können und nicht erst am Tag der Abstimmung. Wenn das Ministerium schon mit derart massiven Auswir­kungen durch das Urteil rechnet, dann könnte man schon erwarten, dass die Reaktion darauf besser vorbereitet ist.

In einem Kommentar im „Kurier“ vom 18. Juli 2005 wurde das sehr treffend formuliert: „Die europäische Instanz konnte nicht anders entscheiden, aber Österreich hätte früher und anders reagieren können.“ 

Ich habe heute einen – sagen wir – zumindest interessanten Ansatz gelesen, dass die Frau Bundesministerin das so genannte Herkunftslandprinzip für die Universitäten anwen­den möchte. Das ist ein interessanter Gedanke, würde aber voraussetzen, Verhandlungen mit den anderen EU-Staaten zu führen, um das auch europaweit durchzusetzen. Es ginge ja nicht, wenn das nur Österreich machen würde. Und genau das ist der Punkt, denn Verhandlungen innerhalb der EU oder, was uns am meisten betreffen würde, Verhandlungen mit Deutschland wären schon zu einem früheren Zeitpunkt möglich gewesen. Dass dieses Problem auf uns zukommen würde, ist wirklich nicht erst seit gestern bekannt.

Dass das EuGH-Urteil in dieser Form kommt, war – wie ich gerade ausgeführt habe – von vornherein klar. Trotzdem ist es empörend, dass die österreichische Argumen­tation offensichtlich derart halbherzig war, dass dies sogar der EuGH in seinem Urteil anführt. Denn darin wird angeführt, dass Österreich nur für die zu erwartenden zusätz­lichen Studierenden im Bereich Medizin und für keine andere Studienrichtung Schät­zungen vorgelegt hat und auch auf Nachfrage gesagt habe, es gebe keine Zahlen über andere Studienrichtungen.

Darüber hinaus musste doch bereits nach dem Schlussantrag von Generalanwalt Jacobs klar sein, dass die bis dato vorgebrachten österreichischen Argumente nicht überzeugend waren. Dennoch wurden keine zusätzlichen Argumente gefunden, sondern die alten, die offensichtlich nicht gewirkt hatten, wurden wieder vorgebracht. Und all das deutet für mich darauf hin, dass sich das Ministerium keinesfalls mit vollem Einsatz in die Schlacht geworfen hat, um dieses Urteil eventuell zu verhindern, sondern eher mit Anlauf in die Niederlage gerannt ist.

Das ist wiederum ein Hinweis darauf, dass dieses Urteil dem Ministerium eigentlich ganz recht kommt. Dadurch kann sich die Bundesministerin jetzt nämlich hinter einem vorgespielten Sachzwang verstecken, der ihr gar keine andere Wahl lässt, als Zugangsbeschränkungen einzuführen. Dass die ÖVP derartig gegen Zugangs­beschränkungen ist wie jetzt oder wie in den letzten zwei Monaten, das hätte ich mir in der Vergangenheit gewünscht, habe es da in dieser Form allerdings nie erlebt.

Diese Zugangsbeschränkungen sind auch nicht, wie anfangs behauptet wurde, nur auf die deutschen Numerus-clausus-Fächer begrenzt. In einem Aufwaschen sozusagen wurde auch Betriebswirtschaftslehre, das in Deutschland seit dem laufenden Semester


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