Bundesrat Stenographisches Protokoll 724. Sitzung / Seite 174

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

kein NC-Fach mehr ist, mitgenommen, ebenso wie Kommunikationswissenschaften und Publizistik. Schon im ersten Schritt ging man also über diesen selbst konstruierten Sachzwang hinaus und nahm Fächer mit hinein, in denen bisher schon Studienplatz­probleme bemerkbar waren. – Ein willkommener Anlass also!

Ich rechne damit, dass nach Ablauf der zwei Jahre, für die diese Novelle gelten soll, generelle Zugangsbeschränkungen folgen werden – allein schon deshalb, weil die künftige Regelung, die es den Universitäten offen lässt, wie sie Zugangsbeschrän­kungen handhaben, in der Praxis zum Chaos führen wird.

Darüber hinaus ist auch das Stipendiensystem nicht auf die Möglichkeit von Studien­eingangsphasen oder Knock-out-Prüfungen eingestellt. Ich führe das nur ganz kurz aus. Der Studienerfolg, der nach den ersten beiden Semestern nachgewiesen werden muss, ist die Grundlage dafür, dass Studien- oder Familienbeihilfe genauso wie Mit­versicherung und Waisenpension nicht verloren gehen. Eine Studieneingangsphase oder Knock-out-Prüfungen zu Beginn des Studiums könnten hier zu Zeitverzögerungen führen, die auch massive soziale Auswirkungen für Studierende haben. Diesen Stu­dienerfolg müssen auch ausländische Studierende nachweisen, um ihr Visum ver­längern zu können.

Aber es gibt in dieser Regelung noch weitere, bisher nicht geklärte gravierende Punkte. Was passiert zum Beispiel, wenn ich in Innsbruck ein Studium mit Zugangsbeschrän­kungen beginne – sagen wir: Psychologie –, dort zugelassen werde und dann an eine andere Universität wechseln möchte? Wenn ich auch dort das Zulassungsverfahren neu durchlaufen muss, wird damit Mobilität innerhalb Österreichs für Studierende faktisch sehr schwer bis unmöglich gemacht. Und das wäre eine sehr interessante Nebenwirkung für eine Regelung, die unter anderem deshalb nötig wurde, weil Öster­reich die internationale Mobilität von Studierenden beschränkt. Wenn ich das Zulas­sungsverfahren aber nicht mehr durchlaufen muss und einen Anspruch auf einen Studienplatz auch an einer anderen Universität hätte, dann führt sich damit das ganze System ad absurdum.

Sie sehen selbst: Dieses Modell hat große Tücken; es wird dazu führen, dass die Uni­versitäten sehr schnell nach einer generellen österreichweiten Regelung rufen werden. Und die Antwort des Ministeriums – so befürchte ich – wird lauten, Zugangsbeschrän­kungen generell zu verordnen.

Tatsache ist aber: Österreich hat bereits jetzt zu wenige Studierende! Vor Einführung der Studiengebühren waren es in etwa 240 000, jetzt sind wir bei 200 000 Studieren­den. Selbst die Rektorenkonferenz spricht davon, dass es 300 000 Studienplätze bräuchte, damit Österreich im Vergleich mit anderen Ländern mithalten kann.

Zugangsbeschränkungen werden dieses Problem natürlich nicht lösen. Das EuGH-Urteil hat meiner Meinung nach nicht wirklich neue Probleme geschaffen, sondern Probleme, die schon bestehen, verstärkt. Dass an den Medizin-Unis ein Mangel an Praktikumsplätzen besteht, ist zum Beispiel nichts Neues; das ist durch diese Situation natürlich drastischer geworden.

Österreich braucht eine höhere AkademikerInnenquote, und die Universitäten brauchen mehr Geld, um ihre Arbeit machen zu können. Durch die Ausgliederungen gehen 10 Prozent des Uni-Budgets wegen zusätzlicher Ausgaben verloren. Es fehlen laut neuen Medienberichten 170 Millionen €. Viele Probleme, die Sie jetzt zum Anlass nehmen, um den freien Hochschulzugang endgültig zu beerdigen, ließen sich durch eine ausreichende Finanzierung der Universitäten bekämpfen.

Die Probleme im Bereich der Medizin-Universitäten sind tatsächlich anders gelagert. Aber auch hier hätte eine durchdachte Vorgangsweise mehr gebracht, als den


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite