Bundesrat Stenographisches Protokoll 725. Sitzung / Seite 112

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Es mag Sie überraschen, dass wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten trotz­dem diesem Punkt zustimmen werden. Ich gebe zu, wir haben lange gezögert, aber wir haben gemeint, dass es bei diesem neuen Mittel oder dieser neuen Grundlage der politischen Debatte zunächst einmal darum geht, an ihm uns zu erproben. Wir haben ja schon einige dieser Jahresvorschauen von Bundesministerien behandelt – es werden noch weitere nachkommen –, und wenn wir den Eindruck haben, dass man sich, auch mit Konsequenzen und mit Folgerungen, die wir nicht teilen, in dem betreffenden Minis­terium mit dem Thema auseinander gesetzt hat, dann sollten wir das als Informations­grundlage zur Kenntnis nehmen – nicht weniger, aber bei weitem auch nicht mehr. Ihrem Inhalt nach hätten wir uns eine ganz andere Jahresvorschau gewünscht, aber die Aufgabe, die zu erfüllen war, Herr Staatssekretär, hat das Ministerium erfüllt, und das nehmen wir so zur Kenntnis. (Beifall bei der SPÖ.)

15.33


Vizepräsident Jürgen Weiss: Als nächster Rednerin erteile ich Frau Bundesrätin Dr. Lichtenecker das Wort. – Bitte.

 


15.33.48

Bundesrätin Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne, Oberösterreich): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Staatssekretäre! Die EU hat vor einiger Zeit eine schmerzliche gemeinsame Erfahrung gemacht, nämlich die negative Bewertung des Verfassungs­entwurfes durch einige Länder, wobei das mit Sicherheit nicht als ein Nein zu Europa zu werten war, sondern als klares Nein für die Regierungen, die de facto keine Antwor­ten auf die Fragen der Globalisierung finden. Dieses Nein ist mit Sicherheit eine Frage der Armut, der Verteilung und auch der Arbeitslosenzahlen.

Nun ist diese Lissabon-Strategie eine sicher höchst ambitionierte, wenn man sich zum Ziel setzt, „die Union zum wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensbasierten Wirtschaftsraum der Welt zu machen“, einem Wirtschaftsraum, „der fähig ist, ein nach­haltiges Wirtschaftswachstum mit mehr und besseren Arbeitsplätzen und einem größe­ren sozialen Zusammenhalt zu erzielen“. Das heißt, diese Strategie hätte de facto drei Säulen, nämlich einerseits natürlich die Wirtschaft, andererseits Soziales und drit­tens die Umwelt.

Zunächst zur Wirtschaft. Wir werden heute noch auf ein Thema zu sprechen kommen, nämlich auf die Dienstleistungsrichtlinie, wo es einerseits um die Frage geht: Wo geht denn die Entwicklung in den Bereichen Soziales, Löhne, Verbraucherschutz, Umwelt und so weiter hin?, und andererseits um eine Bevölkerung, die damit konfrontiert ist, dass es in zunehmendem Ausmaß Arbeitslosigkeit gibt. Auch wenn, wie heute schon gesagt wurde, Österreich in einer eher privilegierteren Situation ist und die Arbeitslosig­keit bei uns nicht so extrem hoch ist wie in anderen Ländern, stellt diese trotzdem ein enormes Problem dar, auch was die gesellschaftliche Teilhabe der Bevölkerung betrifft, aber natürlich auch in Bezug auf die Kaufkraft und die weitere Entwicklung.

Im sozialen Bereich ist die Situation sehr ähnlich und ebenfalls schwierig, denn die Verteilungsfrage wird sich verschärfen, und das jetzt nicht nur global betrachtet und nicht nur auf Entwicklungsländer bezogen, sondern sehr wohl in Europa, und auch Ös­terreich muss da angesprochen werden. Immerhin hat in den letzten zwanzig Jahren die Lohnquote abgenommen, was doch auch ein entsprechendes Signal ist.

Wenn es darum geht, Europa ökologisch zu gestalten, so gibt es einiges, was in die­sem Bericht ausständig ist, was aber eine große Herausforderung an ein ökologisches, soziales und nachhaltiges Europa darstellt. Das steht unserer Meinung nach zu wenig im Mittelpunkt, zu wenig im Vordergrund, wenn es auch die richtigen Anregungen oder Ansätze gibt: eben die Stärkung des Arbeitsmarktes, die Forcierung von Forschung und Entwicklung, die Forcierung von Innovation.

 


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